«bob Finance»: Valora und Glarner KB kooperieren
Valora-CEO Michael Müller. (Foto: Valora)
Zürich – Valora bietet künftig auch Konsumkredite an ihren Kiosken an. In Zusammenarbeit mit der Glarner Kantonalbank (GLKB) soll das bestehende Angebot an Finanzdienstleistungen durch die neu geschaffene Valora-Tochter bob Finance AG vorangetrieben werden.
Die Zusammenarbeit schaffe ideale Voraussetzungen, um innovative Online-Produkte im Finanzbereich, unter anderem Kredite, zu lancieren, teilte Valora am Dienstag mit. Ziel sei es, dem steigenden Bedürfnis digital affiner Kunden nach mehr «Convenience» im Umgang mit Finanzprodukten gerecht zu werden.
Bereits heute bietet Valora mit Geldüberweisungen und der ok.-Prepaid-Karte Finanzprodukte über ihr schweizweites Verkaufsstellen-Netz an. Mit der Gründung des neuen Unternehmens würden diese Angebote um omni-Channel-Angebote erweitert.
«Konsumkredite sind keine Schoggiriegel»
Jürg Gschwend, Leiter der Fachstelle Schuldenberatung von Caritas Schweiz, bezeichnet den Kioskverkauf von Konsumkrediten auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda als eine heikle Angelegenheit. Vermutlich würden die Unterlagen am Kiosk verteilt und der Rest der Abwicklung werde dann Online abgewickelt, mutmasst Gschwend. Wenn keine Face-to-Face-Interaktion stattfinde, sei es nicht einfach auf Kreditrisiken hinzuweisen. In der Werbung der Konsumkreditfirmen werden nach Ansicht von Gschwend die Risiken der Kredite generell heruntergespielt.
Auch Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, findet das Angebot von Valora ziemlich heikel. «Konsumkredite sind keine Schoggiriegel, die man im Vorbeigehen kauft», sagt Stalder auf Anfrage.
Seriöse Abklärung nötig
Diese Kredite seien weitreichende Entscheide und müssten entsprechend seriös abgeklärt werden. Stalder empfiehlt daher, vor einem Abschluss professionelle Hilfe anzufragen. Stalder sieht die Gefahr, dass durch das Angebot in Kiosken vor allem Jugendliche angesprochen werden. Sie verweist aber darauf, dass in der Schweiz nicht Jugendliche am stärksten verschuldet seien.
«Wir sagen nicht, Finger weg von Konsumkrediten», erklärt Gschwend. Verbote seien immer heikel. Potentielle Kreditnehmer sollten aber ihre Risiken prüfen. Raten müssten auch bei Arbeitsplatzverlust, Scheidung oder Trennung weiter beglichen werden können. Und wer einen Konsumkredit aufnehme, habe in der Regel keine Reserven.
Gschwend rät daher, Schuldenberatungsstellen vor der Kreditaufnahme aufzusuchen und nicht erst, wenn der Schaden entstanden sei. Schätzungsweise 8’500 Leute würden sich jährlich in der Schweiz bei spezialisierten Schuldenberatungen mit ihren Verschuldungsproblemen melden. Das ist allerdings nur die Spitze des Eisberges. Die Verschuldung dieser Personen liegt im Durchschnitt bei 60’000 bis 70’000 CHF.
Keine Bankberatung am Kiosk
Die Lancierung des ersten Produkts von «bob Finance» soll laut Valora-Sprecherin Stefania Misteli bereits relativ bald erfolgen, weitere Produkte unter dem Dach der neuen Valora-Marke sollen folgen. Bald dürfte zudem auch der maximale Betrag der Konsumkredite bekannt werden. Die Kombination der Online-Finanzdienstleistungen mit dem schweizweiten Kioskgeschäft von Valora biete sicherlich «gute Möglichkeiten zur Lancierung neuer Produkte», sagte die Sprecherin weiter. Das heisse aber nicht, dass künftig am Kiosk neben Schoggistängeli auf gleiche Weise Kreditprodukte verkauft würden: «Sicher wird die Kioskfrau nicht noch zur Bankberaterin», so die Valora-Sprecherin.
Bundesrat will Höchstzins senken
Der Bundesrat plant die Zinsobergrenze für Konsumkredite auf 10% zu senken. Caritas begrüsst diese Pläne. Aktuell liege die Bandbreite bei den Zinsen zwischen rund 6 und 15%. Der Grossteil der Privatpersonen, die in die Schuldenberatung kämen, bezahle einen Zins im obersten Bereich dieser Bandbreite. Für die Stiftung für Konsumentenschutz müssten aber 5% die Obergrenze sein, wie Stalder erklärt. Der niedrige Zinssatz würde nämlich die Kreditgeber zwingen, die Kreditrisiken besser abzuklären und nicht leichtfertig Kredite zu gewähren.
Lukrative Dienstleistungen
Für Finanzanalysten ergibt das neue Angebot von Valora Sinn. Dienstleistungen würden für Valora zu einem immer wichtigeren Gewinntreiber, hiess es bei der Bank Vontobel. Valora habe mit Dienstleistungen zuletzt zwar nur 6% des Umsatzes, aber 15% des Bruttogewinns erwirtschaftet.
Für die GLKB sei es sinnvoll, über den Onlinevertrieb mit innovativen Angeboten aus dem begrenzten Heimmarkt auszubrechen, kommentierte die Zürcher Kantonalbank (ZKB). (awp/mc/pg)