BR Karin Keller-Sutter zu Bankenregulierung: «Wir müssen handeln»
Bern – Der Bundesrat will dem Parlament im Frühling Vorschläge unterbreiten, damit in Zukunft eine Bankenrettung à la Credit Suisse nicht mehr nötig sein wird. «Wir müssen handeln – wir haben keine andere Wahl», sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Interview mit der «NZZ» (Ausgabe 27.12.)
«Wir müssen dafür sorgen, dass eine Grossbank untergehen kann, ohne im schlimmsten Fall ein ganzes Land in den Abgrund zu reissen», so die Bundesrätin weiter. Sie werde sich dafür einsetzen, dass «all die unangenehmen Fragen jetzt wirklich diskutiert werden». Das habe nichts mit Feindseligkeit gegenüber systemrelevanten Banken zu tun, sondern mit «unserer Verantwortung für die Volkswirtschaft der Schweiz».
Wie die Vorschläge an das Parlament aussehen werden, wollte sie nicht sagen. «Der Entwurf liegt vor. Aber ich kann der Diskussion im Bundesrat nicht vorgreifen.» Man werde dabei sicher auch einen Vergleich mit anderen Ländern machen und analysieren, wie streng die hiesigen Vorschriften seien. «Unser oberstes Ziel ist der Schutz des Staates und der Steuerzahlenden.»
Zur Rolle der Finma bei der Rettung der CS durch die UBS wolle sich Keller-Sutter nicht im Detail äussern. Es sei Sache der parlamentarischen Untersuchungskommission, das aufzuarbeiten. Angesprochen auf die Rolle des Bundesrates dabei, sagte sie: «Wir wählen zwar den Verwaltungsrat der Finma, aber dieser arbeitet unabhängig.» Der Bundesrat habe keine Weisungsbefugnis.
Abwicklung wäre theoretisch möglich gewesen
Grundsätzlich betonte die Bundesrätin im Interview: Der Untergang der CS sei in erster Linie auf unternehmerisches Versagen des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Aktionariats zurückzuführen. «Die Führungsriege hat die Bank in den Untergang geführt. Das war ein jahrelanger Zerfallsprozess.»
Auf die Frage, ob man die Credit Suisse auch hätte abwickeln können, meinte Keller-Sutter: «Theoretisch wäre das möglich gewesen, aber nur unter enormen Risiken.» Die CS sei bereits auf den Eisberg aufgelaufen gewesen, sie wäre am Montag Konkurs gegangen, wenn am Sonntag keine Lösung vorhanden gewesen wäre.
Im Vergleich zur Übernahme durch die UBS wäre bei einer Abwicklung das Risiko grösser gewesen, dass die Liquidität verlorengehe, die der Bund gegenüber der Nationalbank garantiert gehabt habe, so Keller-Sutter weiter. Übrigens habe auch der UBS-Chef Sergio Ermotti jüngst gesagt, eine Abwicklung wäre «reiner Masochismus» gewesen.
Für den Bundesrat sei der Fall jedenfalls klar gewesen: Wenn eine Lösung mit weniger Risiken und besseren Erfolgsaussichten vorliege, dürfe der Finanzplatz nicht zum Versuchskaninchen für die Praxistauglichkeit der Too-big-to-fail-Regeln werden, die noch nie bei einer Grossbank angewendet worden seien. «Wir durften nicht russisches Roulette spielen mit unserer Volkswirtschaft.»
13. AHV-Rente wohl nicht ohne Steuererhöhung
Bei einem Ja des Volks zur 13. AHV-Rente droht nach Ansicht von Finanzministerin Karin Keller-Sutter eine Steuererhöhung. «Wenn diese Initiative angenommen wird, werden wir um eine Steuererhöhung kaum herumkommen», sagte sie weiter im Interview der «Neuen Zürcher Zeitung».
«Finanzieren lässt sich eine 13. AHV-Rente nur, wenn man entweder die Mehrwertsteuer erhöht oder die Lohnbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Vielleicht braucht es eine Kombination von beidem», sagte die FDP-Bundesrätin in dem Interview.
Das Volk stimmt am 3. März unter anderem über die Initiative «Für ein besseres Leben im Alter» des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) ab. Sie verlangt eine 13. Monatsrente für AHV-Rentnerinnen und Rentner, um die sinkenden Pensionskassenrenten und steigenden Lebenskosten etwas auszugleichen. Die Finanzierung lässt die Initiative offen. Die Gewerkschaften schlagen vor, die Nationalbankgewinne zu verwenden.
Laut Keller-Sutter würde die 13. Rente mittelfristig Mehrkosten von gut fünf Milliarden Franken verursachen, wovon der Bund eine Milliarde übernehmen müsste. «Eine 13. AHV-Rente ist derart teuer, ohne Zusatzfinanzierung geht das nicht», sagte die Finanzministerin. Dazu komme, dass die Bevölkerung weiter altere, und damit stiegen die Kosten. Zurzeit sei die AHV nur bis 2030 stabil finanziert – ohne dass die 13. Monatsrente schon einberechnet wäre.
Keine Steuererhörung für die Armee
Eine Steuererhöhung zugunsten der Armee schloss Keller-Sutter dagegen praktisch aus. «Höhere Steuern für die Armee kann ich mir nicht vorstellen. Ich würde dann auch gerne sehen, wer bei einer Volksabstimmung hin steht und dem Volk eine Steuererhöhung zugunsten der Armee schmackhaft macht.»
Sie halte eine Steuererhöhung bei der derzeitigen Finanzlage des Bundes nicht für den richtigen Weg. «Wir haben ein Ausgabenproblem, kein Einnahmenproblem.» Der Bund könne seinen Steuerfuss nicht einfach so erhöhen. Es bräuchte eine Verfassungsänderung mit der Zustimmung von Volk und Ständen.
Die Schuldenbremse zwinge den Bund, Prioritäten zu setzen, sagte Keller-Sutter. Ein Ausbau der Armeeausgaben bedeute zwangsläufig, dass das über Jahre hinweg auf Kosten fast aller anderen Aufgabengebiete gehe – vor allem weil parallel dazu die Sozialausgaben so stark zunehmen würden.(awp/mc/ps)