Bern – Zwei Drittel der Schweizer können sich für die Idee einer Einheitskrankenkasse erwärmen, wie eine Umfrage von santésuisse aufzeigt. Sie wollen aber eine schrittweise Reform des Gesundheitswesens. Die Zustimmung zum System der Kopfprämien schwindet. Laut der Umfrage sondage santé 2011 des Krankenkassenverbandes santésuisse erachten 80% der Befragten das Sparen im Gesundheitswesen als «eher» oder «sehr» dringend. 66% sprechen sich für oder eher für die Schaffung einer Einheitskasse aus, wie Projektleiter Franz Neff am Donnerstag in Bern darlegte.
Allerdings wünschen sich 61% eine schrittweise Reform des Systems. Nur 33% erachten eine grosse Gesundheitsreform für angebracht.
Santésuisse nicht überrascht
Santésuisse zeigt sich von dem Ergebnis nicht überrascht. Die Bevölkerung habe keinerlei Anhaltspunkte, um die tatsächlichen Folgen einer Einheitskasse abschätzen zu können. Der Meinungsbildungsprozess sei noch nicht abgeschlossen, erklärte Verbands-Direktor Stefan Kaufmann. Er verwies auf frühere Volksabstimmungen, bei denen die Einheitskasse abgelehnt worden war. Auch santésuisse möchte das Gesundheitssystem schrittweise reformieren und die Ausgaben senken, ohne dabei alles über Bord zu werfen. Die Sparmassnahme, die am meisten Zustimmung findet (fast 90%), ist laut der Umfrage die Förderung der Hausarztmedizin. Die Erhöhung des Selbstbehaltes und das Verbot für Grundversicherer, Zusatzversicherungen anzubieten, halten nur je etwa ein Drittel der Befragten für eine geeignete Massnahme.
Zustimmung zu Kopfprämien bröckelt
Hielt in den letzten Jahren knapp die Hälfte der Befragten die bisherige Finanzierung der Grundversicherung durch Kopfprämien für das beste Modell, so fand dies System in der jüngsten Befragung nur noch 36% Zustimmung. Nur ein Viertel oder ein Fünftel der Befragten geben Einkommens- oder Vermögens-abhängigen Modellen oder via Steuern eingezogenen Systemen den Vorzug, doch wächst hier die Zustimmung. Für santésuisse ist allerdings das Kopfprämien-System für die Eindämmung der Kostensteigerung nicht geeignet, wie Kaufmann unterstrich.
Managed Care ein geläufiger Bergiff
Des weiteren zeigt die Umfrage auf, dass 75% der Befragten die medizinischen Netzwerke Managed Care kennen, in denen Patienten während des gesamten Behandlungsprozesses begleitet und betreut werden. Bei früheren Umfragen waren es erst 65%. Managed Care-Netze wenden betriebliche Managementprinzipien auf die medizinische Versorgung an. 72% der Befragten sind der Meinung, dass diese Systeme die medizinische Betreuung verbessern und die Gesundheitskosten senken. Als Vorteile von Managed Care werden Kosteneinsparungen, Versorgungsqualität und Verfügbarkeit von Fachpersonen genannt. Als Nachteil wird der Mangel an freier Arztwahl erwähnt.
Wissenslücken über Gesundheitssystem bleiben
Eine gleichentags veröffentlichte Umfrage von gfs.bern zeigte allerdings auf, dass sich 57% der Schweizer nicht in einem Managed-Care-Modell versichern lassen wollen. Grundsätzlich ist aber rund die Hälfte der Befragten mit dem Modell einverstanden. Die sondage santé-Umfrage zeigt auch eine Reihe von Wissenslücken über das Gesundheitssystem auf. 90% der Befragten überschätzten den Anteil der Verwaltungskosten: Sie glaubten, dass sie im Schnitt bei rund 30% der Gesundheitskosten lägen. Dabei machten sie nur etwa 5 bis 6% aus. Die Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut Demoscope durchgeführt. Dieses befragte 1219 Personen. (awp/mc/ps)