Zug – Um einigen Terroristen und Steuerbetrügern auf die Schliche zu kommen haben sich vor allem die USA und einige Staaten-Verbände wie die EU oder OECD geeinigt, aus Ihren Bürgern gläserne Geschöpfe zu machen. Die hehre Absicht rechtfertigte nach 2001 die Beschneidung oder Abschaffung fundamentaler Bürgerrechte, wie demjenigen auf Privatsphäre, vor allem auch im finanziellen Bereich. Erst die NSA-Affäre zeigte einige Aspekte des staatlichen Missbrauches auf. Zeit, den Bedürfnissen des Staates die Rechte der Bürger verstärkt gegenüber zu stellen.
Der internationale Finanzdatenaustausch wurde bisher primär unter steuerlich-ökonomischen Aspekten und den Bedürfnissen von Staatsstellen betrachtet. Das Buch «Einspruch!» von Andreas Lusser wirft grundsätzlich ethische Bedenken auf. Kritisch beleuchtet wird unter anderem das Missbrauchsrisiko: Finanzdaten in den Händen unsensibler Regierungen stellen insbesondere für die Opposition und Andersdenkende ein bisher unterschätztes Risiko dar. Das Buch von Andreas Lusser stellt wichtige Fragen, denen sich die Politiker scheinbar sehr leichtfertig entledigen. Wie weit soll die finanzielle Privatsphäre der Bürger reichen? Die Frage ist brisant. Andreas Lusser argumentiert, dass die Angst vor Terroranschlägen kombiniert mit dem Wunsch nach Steuergerechtigkeit den Behörden viel Macht beschert hat, ohne dass die langfristigen Konsequenzen für die zivile Gesellschaft genügend reflektiert wurden. Dies gefährde Freiheiten und Errungenschaften, die über Generationen mühsam erkämpft wurden.
Unverhältnismässigkeit mit negativen finanziellen Folgen
Dass der Spielraum enger wird, um steuerpflichtige Einkünfte vor dem Fiskus zu verstecken, ist erfreulich. Doch hat die Steuergerechtigkeit gesellschaftlich und materiell einen hohen Preis. Gut dokumentiert ist der Aufwand für die amerikanischen Steuerdatenforderungen «Fatca». Die US-Behörden rechnen mit zusätzlichen Einnahmen von 870 Millionen Dollar jährlich. Der Aufwand für die Umsetzung der Datenlieferung allein für Europäische Banken wird auf mehr als das Zehnfache geschätzt – ein Missverhältnis. Da politische Behörden kaum je finanzielle Auswirkungen ihres Handelns zu spüren bekommen, im Gegensatz zu den steuerzahlenden Bürgern, sind solche gesetzgeberischen Aktionen immer auch Möglichkeiten, die Position des eigenen Staates und der eigenen Wirtschaft zu stärken.
Beunruhigender Niedergang beim Schutz der Privatsphäre
Schlimmer als die unterschätzten materiellen Kosten ist die schleichende Erosion der menschlichen Privatsphäre. So hat die respektierte Non-Profit-Organisation Privacy International bereits in ihrem Report 2011 einen «beunruhigenden Niedergang beim Schutz der Privatsphäre quer durch Europa und einen steilen Anstieg staatlicher Überwachung» festgestellt. Der zunehmend lasche Umgang mit den Finanzdaten durch unsere, an rechtsstaatliche Prinzipien gebundenen, Behörden ist dabei das kleinere Problem. Schlimmer ist, dass wenn wir Daten international fordern, wir diese auch den Verwaltungen anderer Länder zugestehen müssen. Die Forderung der UNO nach einem weltweiten Finanzdatenaustausch freut nicht nur westliche Regierungen sondern auch viele wenig zimperliche Herrscher. Opposition und Nicht-Konformisten sind immer die ersten Leidtragenden, wenn die Privatsphäre abgebaut wird – und dies gilt ganz besonders für die finanzielle Privatsphäre. (mc/hfu)
Titel: Einspruch!
Autor: Lusser, Andreas
Verlag: FinanzBuch Verlag
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2014
ISBN978-3-89879-870-9
Seiten: 142
Einbandart: Gebunden
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Über den Autor:
Andreas M.E. Lusser ist seit über 20 Jahren in der Finanzbranche tätig, unter anderem in der Direktion einer Schweizer Grossbank und als Leiter eines Wertschriftenanalysehauses. Er ist langjähriger Kolumnist der Schweizer Handelszeitung und Autor von Fachbeiträgen in verschiedenen Wirtschaftsmedien. 1962 in Mannheim geboren, lebt Andreas Lusser seit seiner frühen Kindheit in der Schweiz.