Bern – Bürgerliche Kreise fordern vom Bundesrat, seine Corona-Massnahmen auf Anfang März zu lockern. Die Zahl der Neuansteckungen mit dem Coronavirus ist zwar weiterhin rückläufig, aber die Mutationen haben innert Wochenfrist stark zugenommen.
SVP-Parteipräsident Marco Chiesa, Vertreterinnen und Vertreter des Jungfreisinns, der Jungen SVP und der Jungen Auns verlangten am Montag vom Bundesrat die Beendigung des Shutdowns und einen Kurswechsel in der Corona-Politik. In zwei Petitionen fordern fast 300’000 Personen die sofortige Öffnung von Restaurants und Läden.
Kritik an der Strategie des Bundes bei der Pandemiebekämpfung übte auch der liberale Thinktank Avenir Suisse: Seit Beginn der Pandemie gründeten die Massnahmen des Bundes stark auf epidemiologischen Annahmen und Szenarien. Dem Primat der Virusbekämpfung folge eine weitgehende Beschneidung individueller und wirtschaftlicher Grundrechte.
Wohlfahrt statt Minimierung von Fallzahlen
Die volkswirtschaftlichen Verwerfungen sind laut Avenir Suisse immens. Gegen eine Milliarde Franken Wirtschaftsleistung koste der aktuelle Lockdown wöchentlich. Zudem würden gesundheitliche und soziale Folgen wie psychische Erkrankungen stark zunehmen. Das wichtigste Ziel der Pandemiebekämpfung sollte daher nicht einfach die Minimierung von Fall- oder Todesfallzahlen sein, sondern dem Kriterium der höchsten sozialen Wohlfahrt folgen, schreibt Avenir Suisse.
Insgesamt 31 Organisationen und Verbände, darunter Economiesuisse und der Schweizerische Arbeitgeberverband, hatten bereits am Sonntag dem Bundesrat ein Ausstiegsszenario aus dem Corona-Lockdown in vier Schritten vorgeschlagen.
Sinkende Infektionszahlen
Die Infektionszahlen in der Schweiz und in Liechtenstein sind weiterhin rückläufig. Dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) wurden am Montag innerhalb von 72 Stunden 2480 neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet. Das sind rund 24 Prozent weniger als nach dem vorausgegangenen Wochenende. Gleichzeitig registrierte das BAG 40 neue Todesfälle und 99 Spitaleinweisungen.
Die Positivitätsrate für die vergangenen zwei Wochen lag bei 5,6 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurden pro 100’000 Einwohnerinnen und Einwohner 204,82 (vor einer Woche: 245,64) laborbestätigte Coronavirus-Infektionen gemeldet. Die Reproduktionszahl R, die angibt, wie viele Personen eine infizierte Person im Durchschnitt ansteckt, lag vor zehn Tagen bei 0,88.
Über 6000 Fälle mit mutierten Coronaviren
Weiterhin beunruhigend ist die Entwicklung bei den Mutationen. In der Schweiz sind laut den neusten Angaben des BAG bisher 6003 Fälle mit den mutierten Coronavirus-Varianten entdeckt worden, rund 45 Prozent mehr als noch vor einer Woche. Inzwischen sind drei Fälle der brasilianischen Mutation P.1 festgestellt worden. Vor einer Woche war der erste Fall bekannt geworden.
Über 1000 Fasnächtler in Einsiedeln
Trotz Veranstaltungsverbot haben sich am Montagmorgen in Einsiedeln SZ über 1000 Personen zum traditionellen Sühudiumzug getroffen. Erst als die Polizei Bussen verteilte, löste sich die Versammlung auf. Auch wenn die Fasnacht im Kanton Schwyz abgesagt wurde, ging die Kantonspolizei davon aus, dass sich einige Gruppierungen am Montagmorgen versammeln würden und war entsprechend vor Ort präsent.
Historikerinnen und Historiker appellierten am Montag an den Bundesrat, Lesesäle von Archiven und Forschungsbibliotheken wieder zu öffnen. Die generelle Schliessung seit 18. Januar sei für Studierende, Doktorierende, Habilitierende und an Forschungsaufträgen Arbeitende verheerend.
Lohnersatz bei Quarantäne gekürzt
Der Bundesrat hat, wie am Montag bekannt wurde, den Lohnersatz bei der Corona-Quarantäne gekürzt. Erhielten Arbeitnehmer und Selbstständige zuvor maximal zehn Taggelder, können sie seit dem 8. Februar nur noch für höchstens sieben Tage Erwerbsersatz beanspruchen.
Der Kanton Tessin zeigt sich grosszügig: Ab Anfang März werden Selbständige und Angestellte, die als Folge der Pandemie ihre Arbeit ganz oder teilweise verloren haben und keine bereits bestehenden Unterstützungsleistungen beziehen können, zusätzlich unterstützt. Die neue Überbrückungsleistung beläuft sich pro Haushalt und Monat auf bis maximal 2000 Franken. (awp/mc/pg)