Bern – Die bürgerlichen Parteien und die grossen Wirtschaftsverbände haben sich am Sonntag erfreut über das Ja zur OECD-Mindeststeuer gezeigt. Die SP sprach angesichts des deutlichen Ergebnisses von einer «klaren Niederlage» für die Partei.
Eigentlich werden Steuererhöhungen für Unternehmen von den Wirtschaftsverbänden stets vehement bekämpft. Bei der OECD-Mindeststeuer habe es allerdings «keine bessere Alternative» gegeben, teilte etwa der Verband der Schweizer Tech-Industrie, Swissmem, mit.
Wie Economiesuisse, der Arbeitgeberverband und der Schweizerische Gewerbeverband argumentierte auch Swissmem, dass dank der Vorlage nun gewährleistet sei, dass die Steuergelder nicht ins Ausland abflössen. Zudem gewähre das Ja nun Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen.
GLP: Mehr Kita-Plätze dank Mehreinnahmen
Ähnlich argumentierten die bürgerlichen Parteien. Sie forderten nach Bekanntwerden des Ergebnisses, dass die Mehreinnahmen in die Standortförderung investiert würden. Das sei wichtig, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz erhalten bleibe, sagte etwa FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger.
Dieser Meinung ist auch die Mitte-Partei. «Mit dem Ja zur OECD-Mindeststeuer bleiben die Steuereinnahmen in der Schweiz und können in einen attraktiven und nachhaltigen Standort investiert werden», sagte Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter gemäss Mitteilung.
Auch die Grünliberalen wollen, dass allfällige Mehreinnahmen in die Standortförderung investiert werden. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter betonten sie aber, dass zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort nicht nur klassische Faktoren wie der Steuersatz gehörten. «Standortattraktivität heisst beispielsweise familienexterne Kinderbetreuungsangebote.»
SP mit Vermittlungsproblemen
Von den grossen Parteien bekämpfte lediglich die SP die Vorlage – dies hauptsächlich aus Angst vor einem verschärften Steuerwettbewerb innerhalb der Schweiz. Man habe zwar mit einem Ja gerechnet, in dieser Deutlichkeit sei das Resultat aber eine «klare Niederlage» für die Partei, sagte der Zürcher SP-Nationalrat Fabian Molina. Es habe sich gezeigt, dass die Position der SP schwierig zu erklären gewesen sei. So sei die Partei eigentlich für die Mindeststeuer gewesen, sie habe einfach die Umsetzung des Bundesrats für ungerecht gehalten.
Auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hätte eine Umsetzung gewünscht, die zur Folge gehabt hätte, dass die Steuereinnahmen nicht wieder «indirekt zu den Konzernen zurückfliessen, sondern die Bevölkerung entlasten», wie der SGB in einer Mitteilung schrieb.
Die Grünen, die Stimmfreigabe beschlossen hatten, deuteten das Resultat als Bekenntnis der Stimmbevölkerung für eine Begrenzung des globalen Tiefsteuerwettbewerbs, wie die Partei in einer Mitteilung schrieb. Weil die Partei die Befürchtung der SP nach einem verschärften Steuerwettbewerb teilt, forderte sie ein Monitoring über die Höhe, die Verteilung und den Verwendungszweck der zusätzlichen Einnahmen.
Alliance Sud wollte anderes System
Enttäuscht zeigte sich die Entwicklungshilfe-Organisation Alliance Sud. «Wir unterstützen zwar die Steuererhöhung für multinationale Konzerne», sagte Dominik Gross, Experte Steuerpolitik von Alliance Sud. Aber diese OECD-Reform löse nicht das Grundproblem, dass die Unternehmen weiterhin ihre Steuern nicht in den Ländern des Südens zahlen werden, in denen sie produzierten. «Die zusätzlichen Einnahmen fliessen nun nicht in die Staaten, die sie am dringendsten benötigen.» (awp/mc/pg)