Bern – Die Rechnung des Bundes schliesst erneut besser ab als erwartet: Der Bund erzielte 2018 einen Überschuss von 2,9 Milliarden Franken, budgetiert war ein Plus von 300 Millionen Franken. Das positive Ergebnis hatte sich abgezeichnet. Im Oktober war das Finanzdepartement davon ausgegangen, dass der Überschuss 2,5 Milliarden Franken betragen würde. Nun ist es noch mehr.
Der Bundesrat ist am Mittwoch über das provisorische Rechnungsergebnis und die Aussichten für die kommenden Jahre informiert worden. Er kam zum Schluss, dass aus heutiger Sicht nächstes Jahr keine Sparmassnahmen nötig sind, wie das Finanzdepartement mitteilte.
Stärker als Wirtschaftswachstum
2018 schlossen die Einnahmen um 2,2 Milliarden besser ab als budgetiert. Gegenüber dem Vorjahr nahmen sie um 2,7 Milliarden zu und beliefen sich auf 73,5 Milliarden Franken. Das Einnahmenwachstum fiel erneut stärker aus als das nominale Wirtschaftswachstum.
Hohe Mehreinnahmen wurden erneut bei der Verrechnungssteuer verzeichnet: Die Verrechnungssteuereinnahmen beliefen sich auf 7,5 Milliarden Franken und blieben damit nur leicht unter dem Rekordniveau von 2017 – und 1,6 Milliarden Franken über dem Budget. Wie im Vorjahr blieben die Rückerstattungen unter den Erwartungen.
Umstrittene Rückstellungen
Aus diesem Grund wurden auch dieses Jahr Rückstellungen für künftige Rückforderungen vorgenommen, und zwar im Umfang von 2,3 Milliarden Franken – 0,6 Milliarden mehr als im Vorjahr. Die Bildung der Rückstellung wurde wie im Vorjahr finanzierungswirksam verbucht und reduziert damit das Finanzierungsergebnis. Ohne Rückstellung würde der Überschuss 5,2 Milliarden Franken betragen.
Im vergangenen Jahr hatte der Bund einen Überschuss von 2,8 Milliarden Franken ausgewiesen. Ohne Rückstellungen bei der Verrechnungssteuer wären es 4,8 Milliarden Franken gewesen. Für diese Praxis erntete Finanzminister Ueli Maurer Kritik, insbesondere von der Eidgenössischen Finanzkontrolle.
Mehr Gewinnsteuern
Auch die Direkte Bundessteuer schloss besser ab als budgetiert (plus 900 Millionen). Die Verbesserung ist vor allem auf die höheren Einnahmen aus der Gewinnsteuer von Unternehmen zurückzuführen. Die Mehrwertsteuer und die Stempelabgaben blieben unter Budget.
Bei den Ausgaben ist die Budgetabweichung geringer: Der Bund gab 500 Millionen Franken weniger aus als budgetiert. Im Vergleich zum Vorjahr wuchsen die Ausgaben um 2,3 Milliarden auf 70,6 Milliarden Franken, was einem Plus von 3,4 Prozent entspricht.
Weniger Asylgesuche
Insbesondere die Ausgaben für die Sicherheit und die soziale Wohlfahrt blieben unter dem Budget. Bei der sozialen Wohlfahrt hat dies vor allem damit zu tun, dass die Zahl der Asylgesuche gesunken ist. Mehrausgaben gab es beim Verkehr sowie bei Finanzen und Steuern.
Im ausserordentlichen Haushalt wurden Einnahmen von 90 Millionen verbucht. Dabei handelt es sich um die Rückzahlung von Postauto der zu viel bezogenen Abgeltungen. Mit den ausserordentlichen Einnahmen steigt der Überschuss auf 3 Milliarden Franken.
Oft besser als budgetiert
In den vergangenen Jahren lag das Ergebnis meistens über dem Budget. 2017 resultierte ein Überschuss von 2,8 Milliarden anstelle eines Defizits, 2016 schloss die Rechnung mit einem Überschuss von 750 Millionen Franken. Budgetiert war damals ein Defizit von 500 Millionen Franken. 2015 schloss die Rechnung mit einem Überschuss von 2,3 Milliarden statt 400 Millionen Franken.
2013 resultierte bei einem budgetierten Defizit von 400 Millionen ein Überschuss von 1,3 Milliarden Franken. 2012 hatte der Bund eine ausgeglichene Rechnung budgetiert – und einen Milliardenüberschuss erzielt. Nur im Jahr 2014 resultierte ein Defizit von 124 Millionen statt eines Überschusses von 121 Millionen Franken. Es handelte sich um das erste Defizit seit 2005.
Prognosen schwierig
Angesichts dieser Resultate sieht sich Finanzminister Ueli Maurer mit dem Vorwurf konfrontiert, absichtlich zu pessimistisch zu budgetieren. Das Finanzdepartement weist diesen Vorwurf zurück. Es betont, die Entwicklung der Verrechnungssteuer sei sehr volatil und deshalb schwierig zu prognostizieren.
Erstens schwankten die Gewinne und die ausgeschütteten Dividenden stark. Zweitens könnten Unternehmen die Verrechnungssteuer über drei Jahre zurückfordern. Das Negativzinsumfeld führe dazu, dass die Rückerstattungsanträge hinausgezögert würden. Drittens könnten grosse Einzelfälle die Einnahmen stark verzerren. Weiter weist das Finanzdepartement darauf hin, dass die Einnahmen im Aufschwung tendenziell unterschätzt und im Abschwung überschätzt würden.
Kritik an Schuldenbremse
Für Diskussionen sorgt auch, dass die Überschüsse zur Schuldenreduktion verwendet werden müssen. Die Bruttoschulden des Bundes sind weiter gesunken und betrugen 2018 noch 99 Milliarden Franken oder 14 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Von linker Seite werden daher Korrekturen an der Schuldenbremse gefordert, um Investitionen zu ermöglichen. Bisher hat sich das Parlament aber dagegen gestellt, die Schuldenbremse aufzuweichen.
Die Diskussionen dürften weitergehen: Der Bundesrat geht neu davon aus, dass auch 2020 ein Überschuss erzielt werden kann – trotz Belastung durch die Steuerreform mit AHV-Finanzierung (Staf), falls diese an der Urne angenommen wird.
Vor zu viel Optimismus warnt das Finanzdepartement aber weiterhin. Zurzeit würden Reformen und Projekte diskutiert, die ab 2022 zu namhaften Mehrbelastungen führen würden, zum Beispiel ein höherer Steuerabzug für Krankenkassenprämien, hält es fest. Würden diese Vorhaben berücksichtigt, bestehe im Jahr 2022 ein strukturelles Defizit. (awp/mc/pg)