Bern – Russische Staatsmedien dürfen in der Schweiz weiter senden. Andere zusätzliche EU-Sanktionen hat der Bundesrat dagegen übernommen. Bald sind 15’000 Flüchtlinge aus der Ukraine in der Schweiz registriert. Der Bund möchte ihnen 3000 Franken pro Person an Sprachkurse zahlen.
Der Bundesrat hat am Freitag an einer ausserordentlichen Sitzung beschlossen, dass er die Verbreitung von russischen Staatssendern in der Schweiz nicht verbieten will. Die EU hatte deren Verbreitung bereits Anfang März auf allen Ebenen – einschliesslich Kabel, Satellit, Webseiten oder Apps – untersagt.
Die Landesregierung begründete ihren Entscheid mit Bedenken zur Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit. Es sei wirksamer, unwahren und schädlichen Äusserungen mit Fakten zu begegnen, statt sie zu verbieten.
Für Wirtschaftsminister Guy Parmelin steht dabei ausser Frage, dass die beiden Sender «RT» (früher: «Russia Today») und «Sputnik» Instrumente der russischen Propaganda und Kriegsführung sind, wie er in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen erklärte. Ein Verbot könnte man laut Parmelin aber als Zensur auslegen. Er frage sich zudem, ob man mit einem Verbot diese Kanäle nicht attraktiver machen werde. Ohnehin sei die Bevölkerung in der Lage, zu beurteilen, was «absurde Propaganda» sei und was nicht, sagte Parmelin.
Keine Luxusgüter mehr für Russland
Angesichts der anhaltenden Militärinvasion in der Ukraine verabschiedete der Bundesrat am Freitag weitere Sanktionen gegenüber Russland. Sie treten am Freitagabend um 23 Uhr in Kraft. «Damit sind alle Massnahmen zum vierten Sanktionspaket der EU umgesetzt», schrieb die Regierung.
Neu untersagt werden die Ausfuhr von Gütern für den Energiesektor und damit verbundene Dienstleistungen. Ebenfalls verboten sind Beteiligungen und Bereitstellung von Darlehen oder sonstiger Finanzmittel an Unternehmen, die im Energiesektor tätig sind.
Ebenfalls gestoppt werden Importe von Eisen- und Stahlerzeugnissen aus oder mit Ursprung in Russland. Zudem sind Exporte nach Russland von Luxusgütern und Gütern zur maritimen Navigation nicht mehr möglich. Im Finanzbereich werden Transaktionen mit gewissen staatseigenen Unternehmen und die Bereitstellung von Ratingdienstleistungen verboten.
Unverminderter Zustrom von Flüchtlingen
Unterdessen hält der Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine auch in der Schweiz unvermindert an. Bis Freitag sind in den Bundesasylzentren 14’506 Flüchtlinge aus der Ukraine registriert worden. Gegenüber dem Vortag entspricht dies einer Zunahme um 905 Menschen, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) mitteilte. Den Schutzstatus S erhielten 8891 Kriegsflüchtlinge, 1269 mehr als am Vortag.
Justizministerin Karin Keller-Sutter hatte jüngst verschiedentlich darauf hingewiesen, dass mit dem Schutzstatus S zwar keine Integrationspauschale vorgesehen sei, dass sich der Bund aber vorstellen könnte, sich finanziell an den Sprachkursen der Kantone zu beteiligen.
Nun hat das SEM einen Vorschlag zur Vernehmlassung an die Kantone geschickt. Dieser sieht vor, dass sich der Bund mit 3000 Franken pro Person mit Schutzstatus S an den Kosten für Sprachkurse beteiligt. Die Kantone haben bis zum 1. April Zeit für ihre Stellungnahme. Dann wird der Bundesrat seinen Entscheid über die Ausrichtung des Beitrags fällen. (awp/mc/pg)