Über Holenweger-Affäre gestolpert: Erwin Beyeler.
Bern – Erwin Beyeler bleibt nicht Bundesanwalt. Die Vereinigte Bundesversammlung hat am Mittwoch die Wiederwahl abgelehnt. Beyeler erhielt lediglich 109 von 227 gültigen Stimmen. Damit erreichte er das absolute Mehr von 114 Stimmen nicht.
Damit muss die Gerichtskommission nun einen neuen Kandidaten oder eine Kandidatin vorschlagen. Gegen die Wiederwahl Beyelers hatte sich einzig die SVP ausgesprochen. Beyeler erhielt jedoch auch aus den anderen Fraktionen nicht alle Stimmen. Die Gerichtskommission hatte den Bundesanwalt zur Wiederwahl empfohlen. Die Mehrheit sei der Meinung, dass die Kritik an Beyeler nicht stichhaltig sei, sagte der Kommissionssprecher vor der Wahl. Die Aufsichtsbehörden hätten keine substanzielle Kritik vorgebracht. Die Mehrheit der Kommission erachte es als vordringlich, dass die Bundesanwaltschaft nun zur Ruhe kommen könne. Ein Führungswechsel würde erhebliche Risiken bergen.
Kritik im Zusammenhang mit Holenweger-Affäre
Den Antrag der SVP begründete Christoph Mörgeli (SVP/ZH). Die Menschen- und Freiheitsrechte könnten nur gewahrt werden, wenn sich sämtliche Organe streng ans Recht hielten. Dies gelte insbesondere für die Bundesanwaltschaft. Es gehe nicht um Parteiideologien, beteuerte Mörgeli. Es gehe darum, das Recht und die Integrität wieder herzustellen. Die SVP wirft Beyeler Verfehlungen im Zusammenhang mit der Affäre um den Bankier Oskar Holenweger vor. Der Bundesanwalt habe den verdeckten Einsatz des kolumbianischen Drogenkriminellen Ramos befürwortet und ein rechtswidriges Zahlungsmodell vorgeschlagen, sagte Mörgeli. Die Aussagen Beyelers, er habe nichts damit zu tun gehabt, seien unwahr.
«Etwas Schlimmeres kann Ihnen in diesem Land nicht passieren»
Weiter habe Beyeler den Eidgenössischen Untersuchungsrichter Ernst Roduner gedeckt, der sich selber Drohfaxe zugeschickt habe. «Etwas Schlimmeres kann Ihnen in diesem Land nicht passieren», sagte der SVP-Nationalrat. Schliesslich wirft Mörgeli dem Bundesanwalt vor, im Sommer 2007 von einem Komplott gegen den früheren Bundesrat Christoph Blocher gewusst zu haben. Beyeler war damals noch nicht im Amt, musste aber als designierter Bundesanwalt bereits über wichtige Dossiers informiert werden. Nach Ansicht der SVP hätte Beyeler die Vorgänge stoppen können.
Beyeler weist alle Vorwürfe zurück
Beyeler liess im Vorfeld der Wahl verlauten, er weise sämtliche gegen ihn erhobenen Vorwürfe in aller Form zurück. Er habe zu keinem Zeitpunkt gegen Bundesrat Blocher gehandelt. Ausserdem seien alle gegen die damaligen Amtsträger erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe mehrfach widerlegt und die Verfahren rechtskräftig eingestellt worden. Die SVP setzte sich auch bei einer Wahl für das Bundesverwaltungsgericht durch. Die Gerichtskommission hatte Sylvie Cossy vorgeschlagen. Die Vereinigte Bundesversammlung wählte jedoch auf Antrag der SVP Yanick Felley ans Gericht.
Hanspeter Thür im Amt bestätigt
SVP-Fraktionsschef Caspar Baader begründete den Antrag der SVP damit, dass diese am Bundesverwaltungsgericht untervertreten sei. Sylvie Cossy ist Sympathisantin der Grünen, die laut der Gerichtskommission ebenfalls untervertreten sind. Die Vereinigte Bundesversammlung hat weiter die stellvertretenden Bundesanwältinnen und -anwälte gewählt und die Wahl von Hanspeter Thür bestätigt. Dieser ist nun für weitere vier Jahre als Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter im Amt. (awp/mc/ss)