Bundesgericht erklärt Abstimmung über Heiratsstrafe für ungültig

Bundesgericht

Bundesgericht in Lausanne. (Foto: bger.ch)

Lausanne – Es ist das erste Mal seit der Gründung des Bundesstaates im Jahr 1848: Das Bundesgericht in Lausanne hat das Resultat einer nationalen Abstimmung gekipppt und entschieden, über die Besteuerung von Ehepaaren noch einmal abstimmen zu lassen. Anlass sind Unregelmässigkeiten vor der Abstimmung 2016 über die Initiative der CVP für die Abschaffung der Heiratsstrafe.

Am 28. Februar 2016 wurde die Initiative mit dem Titel «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» abgelehnt. 16 Kantone und ein halber sagten zwar Ja, doch scheiterte die Initiative am Volksmehr – 50,8 Prozent der Stimmenden sagten Nein. Die höchsten Richter haben nun eine Beschwerde der CVP gutgeheissen und damit die Abstimmung von vor gut drei Jahren annulliert.

Gründlich verrechnet
Die CVP wollte in die Verfassung schreiben, dass verheiratete Ehepaare nicht bestraft werden dürften gegenüber Paaren mit anderer Lebensform, namentlich bei der Besteuerung und bei den Sozialversicherungen. Der Bundesrat empfahl das Begehren zur Ablehnung. Im Abstimmungsbüchlein schätzte er, dass rund 80’000 Doppelverdiener-Paare sowie rund 250’000 Rentner-Ehepaare von der so genanten Heiratsstrafe betroffen seien.

Im Juni 2018 korrigierte die Regierung dann die Zahlen und räumte einen gewaltigen Irrtum ein. Nicht 80’000 Zweiverdiener-Ehepaare waren demnach von der Heiratsstrafe betroffen, sondern 454’000. Die Zahl der durch eine Heiratsstrafe diskriminierten Ehepaare betrug nach der Korrektur 704’000.

Für die CVP war diese Korrektur Anlass für Abstimmungsbeschwerden in mehreren Kantonen. Nach der Abweisung durch die Kantonsregierungen wandte sich die Partei ans Bundesgericht. Dieses entscheidet am Mittwoch in einer öffentlichen Beratung über die Eingaben. Die Abstimmung vom 28. Februar 2016 ist somit ungültig und das Stimmvolk muss noch einmal an die Urnen.

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