Bern – Das Coronavirus wird die Schweizer Wirtschaft hart treffen. Die Ökonomen des Bundes rechnen aber nicht mehr mit einem gar so drastischen Rückgang wie zuletzt.
Konkret schätzt die Expertengruppe des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), dass das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) im laufenden Jahr um 6,2 Prozent schrumpfen wird. Bei ihrer letzten Einschätzung im April war sie noch von einem Rückgang von 6,7 Prozent ausgegangen.
Die kurzfristigen Aussichten hätten sich aufgehellt, heisst es in einer Mitteilung des Seco vom Dienstag. Denn dank der rapide gesunkenen Covid-19-Fallzahlen hätten die gesundheitspolitischen Massnahmen ab Ende April etwas zügiger gelockert werden können als bei der letzten Prognose angenommen.
Tiefpunkt im zweiten Quartal
Gleichwohl erwarten die Bundesökonomen im laufenden Jahr den stärksten Rückgang des BIP seit Jahrzehnten. Konkret habe es sich seit 1975 nicht mehr so schlecht entwickelt.
Der Tiefpunkt dürfte laut der Vorhersage im laufenden zweiten Quartal erreicht werden. Im weiteren Jahresverlauf sei dann aber nur mit «begrenzten Aufholeffekten» zu rechnen.
Erholung sind Grenzen gesetzt
Denn im Inland gebe es Einkommensverluste wegen der Kurzarbeit und der zunehmenden Arbeitslosigkeit. Auch würden die Unsicherheit und die nach wie vor geltenden Schutzmassnahmen dem Konsum Grenzen setzen.
Und international sei nur mit einer schleppenden Erholung der Wirtschaftsaktivitäten zu rechnen, was den Aussenhandel beeinträchtige, so die Mitteilung weiter. Wegen all dem zeichne sich auch eine «starke Verringerung» der Ausrüstungsinvestitionen ab.
Und 2021 dürfte sich die Schweizer Wirtschaft nur langsam erholen. Die Prognose lautet auf ein Wachstum von 5,3 Prozent und liegt damit leicht unter jener vom April (+5,6 Prozent). Vor allem vom Aussenhandel erwarten die Seco-Ökonomen einen etwas weniger positiven Effekt als noch im April.
Um den Effekt von Sportgrossanlässen bereinigt lautet die Vorhersage für 2021 auf +4,9 nach +5,2 Prozent. Für die 2020er-Prognose haben Sportgrossanlässe keinen Effekt.
Gefahr von Franken-Aufwertung
Die weitere Entwicklung hänge aber entscheidend von der Entwicklung der Pandemie ab, so das Seco. Die Prognoseunsicherheit bleibe aussergewöhnlich hoch.
Abweichungen in beide Richtungen seien möglich. So sei eine schnellere Erholung etwa denkbar, sollten sich die Konsumenten weniger durch das Coronavirus verunsichern lassen. Andererseits könnte gemäss den Auguren ein erneuten Aufflammen der Pandemie die Erholung bremsen.
Sie erwähnen ausserdem den rapiden Anstieg der Verschuldung in vielen Staaten als Risiko. Die Gefahr von Finanzmarktturbulenzen und eines weiteren Aufwertungsdrucks auf den Franken sei daher hoch. Nicht verschwunden seien auch die Risiken, die vom internationalen Handelskonflikt sowie von Korrekturen im Schweizer Immobiliensektor ausgingen.
Arbeitslosenquote wird steigen
Am Arbeitsmarkt wird die Krise ebenfalls deutliche Spuren hinterlassen, wobei auch hier die Prognose einen Tick optimistischer ausfällt: Im Jahresdurchschnitt 2020 wird nun eine Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent erwartet (bisher: 3,9 Prozent), 2021 dann eine solche von unverändert 4,1 Prozent. Zum Vergleich: 2019 lag die Arbeitslosenquote im Jahresmittel bei 2,3 Prozent. (awp/mc/ps)