Bern – Verteidigungsministerin Viola Amherd tritt Ende März aus dem Bundesrat zurück, nach gut sechs Jahren im Amt. Über einen bevorstehenden Rücktritt war seit Längerem spekuliert worden.
Amherds Rücktrittsankündigung erfolgt zwei Wochen nach dem Ende ihres Präsidialjahres. Die Rücktrittsankündigung von Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister Anfang Jahr hatte die Gerüchte über Amherds Rücktritt von Neuem befeuert. Im Anschluss an eine Medieninformation zum Dienstmodell für Armee und Zivilschutz sorgte Amherd schliesslich am Mittwoch in Bern für Klarheit.
Pflöcke eingeschlagen
Die 62-jährige Mitte-Politikerin aus Brig-Glis VS ist seit 2019 Mitglied der Landesregierung und folgte auf Doris Leuthard. Sie äusserte vor den Medien die Überzeugung, einige Pflöcke eingeschlagen zu haben.
Besonders das Präsidialjahr werde ihr in guter Erinnerung bleiben, sagte sie. Die Ziele, welche sie sich für dieses Jahr gesteckt habe, seien erreicht. Gemeint sei insbesondere der Abschluss der materiellen Verhandlungen mit der EU, präzisierte Amherd.
Zu ihren wichtigsten Erfolgen zählt Amherd, dass es gelungen sei, der Armee mehr Ressourcen zu geben und die Abläufe bei der Rüstungsbeschaffung zu verbessern. Auch die Integration des Bundesamtes für Cybersicherheit ins Verteidigungsdepartement und die Schaffung des Staatssekretariats für Sicherheitspolitik nannte sie. Diese beiden Organisationen seien jetzt konsolidiert.
Amherd erwähnte weiter die Verdoppelung der Zahl der Sport-Rekrutenschul-Plätze und dass Sportlerinnen und Sportler mit Behinderungen neu in der Spitensport-RS der Armee mitmachen könnten. «Die Misserfolge werden sie schon finden», sagte sie zu den Medienschaffenden.
«Unglaublichen Erfolg» attestierte sich Amherd bei der Frauenförderung in der Armee. Sie habe den prozentualen Anteil der Frauen verdoppeln können, von 0,7 auf 1,6 Prozent. Die Armee habe heute eine Stelle für Frauen und Diversity und damit eine Möglichkeit, Frauen für den Militärdienst zu interessieren.
«Viele Kampagnen überstanden»
Der Entscheid über den Rücktritt sei der einzige, den ein Bundesratsmitglied selber treffen könne, sagte sie auf die Frage, wie ihre Ankündigung wenige Tage nach der SVP-Aufforderung nach ihrem Rücktritt zu lesen sei. Sie habe viele Kampagnen erlebt und eigentlich gut überstanden.
Kritik müsse man ernst nehmen, und Verbesserungspotenzial gebe es immer. «Laufend Risiken aufzuzeigen und zu markieren, damit man ihnen nachgehen kann, ist für mich seriöse Projektarbeit.» Hätte sie ihre Verantwortung loswerden wollen, hätte sie das Departement wechseln können. «Das habe ich nicht getan.»
Zum Zeitpunkt ihrer Ankündigung sagte sie: «Ich bin fast Seniorin in meinem Departement. Kein anderer Chef ist so lange geblieben. Ich blieb, weil die Weltlage nicht so schön ist, und weil es spannend war.» Die Weltlage dürfte sich in den nächsten Jahren nicht entspannen. «Ich kann deshalb nicht bleiben, bis die Weltlage sich entspannt hat und mit dem Rollator einfahren.»
«Ruhe und Erholung»
Amherd freut sich auf «Ruhe und Erholung», wie sie auf eine Frage nach ihrer Zukunft sagte. Ein neues Mandat wolle sie nicht annehmen, jetzt wo sie gerade eines abgebe.
Amherd hält Nachfolge durch Pfister für möglich
Obwohl Mitte-Präsident Gerhard Pfister bis Ende Juni die Partei führen will, hält Bundesrätin Viola Amherd es für möglich, dass er für sie in den Bundesrat nachrücken könnte. «Jede Partei hat auch ein Vizepräsidium», sagte sie.
Hinter ihrer Entscheidung, im Frühling zurückzutreten, stehe keine Absicht, die Nachfolge irgendwie zu beeinflussen. Sie habe Pfister unmittelbar vor der öffentlichen Bekanntgabe ihrer Demission informiert, sagte sie auf eine Journalistenfrage.
Parteivorstand und Fraktion der Mitte-Partei wollen am kommenden Montag über den Prozess für die Nachfolge ihrer Bundesrätin entscheiden. Auf die Frage, ob sie eine Wunschnachfolge habe, sagte Amherd: «Ich bin wunschlos glücklich». (awp/mc/pg)