Bern – Der Bundesrat zieht bei den Sanktionen gegen Russland erneut mit: Er will das vierte Sanktionspaket der EU übernehmen. Die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge, die die Schweiz erreichen, steigt derweil weiter an – die ersten Kinder wurden bereits eingeschult.
Die EU hatte angesichts der anhaltenden Militärinvasion Russlands in der Ukraine am Dienstag beschlossen, ihre Sanktionen gegenüber Russland auszuweiten. Die Schweiz zieht ebenfalls mit, wie der Bundesrat am Freitag entschied.
Exportverbot von Luxusgütern
Das neue Sanktionenpaket enthält unter anderem weitergehende Massnahmen im Güterbereich – so wird die Ausfuhr von Luxusgütern nach Russland untersagt. Einzelne Schweizer Unternehmen könnten davon stark betroffen sein, schreibt der Bundesrat in einer Medienmitteilung. Doch insgesamt betreffe das Exportverbot von Luxusgütern nach Russland «nur einen geringen Anteil der weltweiten Exporte der Schweiz dieser Gütergruppe».
Nach Angaben des Bundesrats geht es bei den neuen Sanktionen ferner darum, Transaktionen mit bestimmten staatseigenen Unternehmen einzuschränken und die Erbringung von Ratingdiensten für russische Kunden oder Organisationen zu verbieten.
Die entsprechenden Massnahmen werden in den nächsten Tagen in Kraft treten. Bereits seit Mittwoch stehen 197 weitere natürliche Personen und neun Organisationen auf der Sanktionenliste. Dazu gehören unter anderen die beiden Oligarchen Roman Abramowitsch und Andrej Melnitschenko. Ihre Vermögen in der Schweiz müssen gesperrt werden.
Ebenfalls Teil des vierten EU-Sanktionspakets ist der Entzug der Meistbegünstigungsbehandlung gegenüber Russland im Rahmen der Welthandelsorganisation. Über diesen Teil wird der Bundesrat aufgrund einer Analyse des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung entscheiden.
Rund 9000 Flüchtlinge registriert
Bislang haben sich 9059 Flüchtlinge aus der Ukraine in der Schweiz registriert. 4086 von ihnen werden privat untergebracht, wie das Staatssekretariat für Migration am Freitag per Twitter mitteilte.
Innerhalb eines Tages haben sich damit 1156 Menschen neu gemeldet. Um lange Wartezeiten vor den Bundesasylzentren zu verhindern, wurde am Donnerstag ein Formular online aufgeschaltet.
In verschiedenen Schulen der Schweiz werden inzwischen ukrainische Kinder unterrichtet. Im Kanton Freiburg sind es beispielsweise über 40. Im Kanton Wallis wurden bislang 23 Kinder angemeldet; vier davon sind eingeschult worden, die anderen werden ab Montag zur Schule gehen. In beiden Kantonen werden in den kommenden Wochen bis zu 1000 schulpflichtige Kinder erwartet.
Luzern ruft Asyl-Notlage aus
Der Kanton Luzern hat wegen des zu erwartenden grossen Flüchtlingsstroms aus der Ukraine die Notlage ausgerufen: Dies soll den Behörden ermöglichen, rascher agieren und auf Ressourcen zugreifen zu können. So sei ein kurzfristiger Einsatz des Zivilschutzes vorgesehen, teilte die Staatskanzlei mit.
In mehreren Städten wurden am Freitag weitere Unterkunftsplätze für Flüchtlinge geschaffen. Bern stellt 550 Plätze in Zivilschutzanlagen bereit. Diese dienen dazu, die ersten paar Übernachtungen überbrücken zu können. In Winterthur rüstete der Zivilschutz die 36 Zimmer in einem ehemaligen Personalhaus eines Alterszentrums mit Betten aus, um Platz für 100 Flüchtende zu schaffen.
Auch die Bevölkerung hilft weiter mit: So meldete etwa der Kanton Schaffhausen, dass sich mehr als 100 Einwohnerinnen und Einwohner gemeldet hätten, die Ukraine-Flüchtlinge bei sich aufnehmen wollen. Weitere 120 Personen hätten angeboten, beim Dolmetschen oder anderweitig bei der Begleitung von Flüchtlingen zu helfen. (awp/mc/pg)