Bern – Die Schweiz übernimmt die Finanzsanktionen der Europäischen Union gegen Russland – und die von der EU beschlossenen zusätzlichen Exportverbote. Damit seien alle vier Sanktionspakete der EU rechtsgültig umgesetzt, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin am Freitag vor den Medien in Bern.
Der Bundesrat hatte die Umsetzung der Sanktionen an seiner Sitzung am Vormittag beschlossen. Die Bundesverwaltung habe «in rekordverdächtiger Zeit» die entsprechende Verordnung überarbeitet, so Parmelin.
Güter, die sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke eingesetzt werden können, dürfen generell nicht mehr nach Russland ausgeführt werden. Parmelin hob zu diesem Punkt das durch das Neutralitätsrecht vorgegebene Gleichbehandlungsgebot hervor: Ist eine militärische Endverwendung geplant, sind auch Ausfuhren in die Ukraine untersagt.
Keine Ausfuhren strategischer Güter
Verboten werden auch Exporte von Gütern, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands beitragen könnten. Auch technische Hilfe oder das Vermitteln oder Bereitstellen von Geldern werden in diesem Zusammenhang untersagt. Exportverbote gelten laut Parmelin zudem für Güter zur Ölraffination sowie für die Luft- und Raumfahrtindustrie. Verboten werden auch einige Dienstleistungen, etwa Reparaturarbeiten und Inspektionen, aber auch Versicherungen.
Ausfuhren für den Ölsektor, die noch erlaubt sind, sind neu bewilligungspflichtig. Wie die EU ersetze die Schweiz die bisherige Melde- durch eine Bewilligungspflicht, erklärte Parmelin.
Schweiz trägt Swift-Ausschluss mit
Als strengste Massnahmen im Finanzbereich bezeichnete Parmelin das Verbot von Transaktionen mit der russischen Zentralbank sowie den Ausschluss russischer Banken vom Banken-Kommunikationssystem Swift. Letzterer werde in der Praxis durch Swift in Belgien umgesetzt, sobald die entsprechende EU-Verordnung in Kraft trete.
Weitere Massnahmen im Finanzbereich betreffen Wertpapiere, Darlehen sowie die Entgegennahme von Einlagen. Erfasst werden von den Sanktionen auch Vermögenswerte in Kryptowährungen. Das sei wichtig, da die Schweiz in diesem Bereich eine führende Rolle innehabe, hob Parmelin hervor.
Schliesslich sperrt die Schweiz die Vermögen weiterer 122 Personen und eines zusätzlichen Unternehmens. Damit stehen nun insgesamt 677 Personen auf der Schweizer Sanktionsliste. Die Zahl der Unternehmen auf der Liste beläuft sich auf 53.
Gelder von Oligarchen eingefroren
Bei den Personen auf der Liste handelt es sich insbesondere um Mitglieder des russischen Parlaments, Personen aus dem Umfeld von Putins sowie Geschäftsleute, wie Erwin Bollinger, Leiter des Leistungsbereichs Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), ausführte.
Die Landesregierung sieht Ausnahmen von den Sanktionen vor, wenn diese die humanitäre Hilfe zu erschweren drohen. Die Schweiz sei in diesem Zusammenhang mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) im Gespräch, sagte Bollinger. Derartige Ausnahmebestimmungen habe es auch schon in anderen Sanktionsverordnungen gegeben, etwa im Zusammenhang mit dem Krieg in Syrien.
Man verfolge die weiteren Entwicklungen genau und werde gegebenenfalls autonom über die Übernahme weiterer Massnahmen entscheiden, betonte der Bundesrat. Die nun beschlossenen Sanktionen würden im Einklang mit der Neutralität umgesetzt. (awp/mc/pg)