Bern – Am 27. September entscheiden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die Einführung eines zweiwöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaubs. Bundesrat und Parlament empfehlen die Annahme dieser Vorlage. Nach ihrer Meinung erleichtert der Vaterschaftsurlaub die Beteiligung des Vaters an der Betreuung seines Kindes. Die Vorlage gebe allen Vätern den gleichen Mindestanspruch und ist organisatorisch und finanziell verkraftbar.
Erwerbstätige Mütter haben nach der Geburt ihres Kindes einen gesetzlichen Anspruch auf 14 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub. Der Anspruch der Väter dagegen beschränkt sich auf einen oder zwei freie Tage, wenn sie angestellt sind. Grundlage dafür sind die üblichen freien Tage, die der Arbeitgeber für Ereignisse wie Heirat, Umzug oder Geburt von Gesetzes wegen gewähren muss. Für Selbstständigerwerbende gibt es keine gesetzliche Regelung. In der Praxis sehen einzelne Branchen oder Unternehmen einen längeren Vaterschaftsurlaub vor. Dessen Dauer reicht von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen.
Zehn arbeitsfreie Tage innerhalb von sechs Monaten
Bei Annahme der Vorlage erhalten die erwerbstätigen Väter das Recht auf einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub, also auf zehn freie Arbeitstage. Sie können diesen Urlaub innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt des Kindes beziehen, am Stück oder verteilt auf einzelne Tage. Den Arbeitgebern ist es verboten, im Gegenzug die Ferien zu kürzen. Der Erwerbsausfall im Vaterschaftsurlaub wird entschädigt. Dabei gelten die gleichen Grundsätze wie beim Mutterschaftsurlaub: Die Entschädigung beträgt 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens vor der Geburt des Kindes, höchstens aber 196 Franken pro Tag. Für zwei Wochen Urlaub werden 14 Taggelder ausbezahlt, was einen Höchstbetrag von 2744 Franken ergibt.
230 Millionen Franken Kosten über die EO finanziert
Finanziert wird der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub über die Erwerbsersatzordnung (EO), also überwiegend mit Beiträgen der Erwerbstätigen und der Arbeitgeber. Das Bundesamt für Sozialversicherungen schätzt die Kosten des Urlaubs bei Inkrafttreten der Vorlage auf rund 230 Millionen Franken pro Jahr. Für deren Finanzierung muss der Beitrag an die EO von heute 0,45 auf 0,50 Lohnprozente erhöht werden. Das ist eine Erhöhung um 50 Rappen pro 1000 Franken Lohn. Davon übernehmen bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Arbeitgeber die Hälfte.
Familien und Wirtschaft profitieren
Dass viele Väter nur einen oder zwei freie Tage erhalten, also nicht mehr als für den Umzug oder für die Hochzeit, ist nach Ansicht von Bundesrat und Parlament nicht mehr zeitgemäss. Dank dem Vaterschaftsurlaub könne der Vater mehr Zeit bei seinem Kind verbringen, sich stärker im veränderten Familienalltag engagieren und die Mutter entlasten. Von einem Vaterschaftsurlaub profitiert so die ganze Familie, so die Meinung des Bundesrates.
Indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative für vier Wochen Vaterschaftsurlaub
Über den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub wird abgestimmt, weil das Referendum dagegen zustande gekommen ist. Die Gegnerinnen und Gegner argumentieren, der bezahlte Vaterschaftsurlaub sei teuer, unverantwortlich und missbräuchlich. Allen bliebe weniger vom Lohn, weil sie für die Ferien von wenigen bezahlen müssten. Für KMU sei der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub weder finanziell noch organisatorisch tragbar.
Die Vorlage ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie», die einen vierwöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub verlangt. Diese Initiative ist zugunsten des indirekten Gegenvorschlags bedingt zurückgezogen worden. Das bedeutet: Wird der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub angenommen, setzt ihn der Bundesrat in Kraft, und die Volksinitiative ist definitiv zurückgezogen. Wird die Vorlage hingegen abgelehnt, so gelangt die Initiative für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub zur Abstimmung, es sei denn, das Initiativkomitee zieht sie endgültig zurück. (mc/pg)