Bern – Der Bundesrat will den Ausstoss von Treibhausgasen bis 2030 gegenüber 1990 halbieren. Zu den Massnahmen gehört eine höhere CO2-Abgabe auf Brennstoffen. Werden die Ziele nicht erreicht, könnte der Bundesrat für Neubauten fossile Heizungen verbieten. Zur Klimapolitik nach 2020 hat der Bundesrat am Donnerstag die Vernehmlassung eröffnet. Die Ziele seien ehrgeizig, aber realistisch, sagte Umweltministerin Doris Leuthard vor den Medien in Bern.
Die Eckwerte waren bereits bekannt gewesen. Im vergangenen Dezember hatte die Staatengemeinschaft das Klima-Abkommen von Paris verabschiedet mit dem Ziel, die Erderwärmung global deutlich unter 2 Grad zu halten. Das Abkommen verpflichtet alle Staaten, Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgase zu ergreifen.
Zu 60% im Inland
In der Schweiz soll die geplante Reduktion zu 60% im Inland erfolgen. Die Treibhausgasemissionen in der Schweiz sollen im Jahr 2030 also 30% unter dem Niveau von 1990 liegen. Die restliche Verminderung dürfte via Emissionshandel über Massnahmen im Ausland erreicht werden.
Das Verhältnis von Massnahmen im In- und Ausland werde wohl der grosse politische «Knatsch» sein, sagte Leuthard. Manche forderten mehr Reduktion im Inland, andere mehr im Ausland. Der Bundesrat sei aber überzeugt, dass die gewählte Vorgabe sinnvoll sei.
Höhere CO2-Abgabe
Um das Ziel zu erreichen, will der Bundesrat das CO2-Gesetz revidieren. Dabei setzt er vor allem auf bisherige Instrumente, die verstärkt werden sollen. Die CO2-Abgabe auf Brennstoffen, die heute 84 CHF pro Tonne CO2 beträgt, soll steigen. Der Bundesrat will den maximalen Abgabesatz von heute 120 CHF auf 240 CHF verdoppeln.
Der Verbrauch soll weiterhin durch Gebäudesanierungen gesenkt werden. Bereits im Rahmen der Energiestrategie wurde beschlossen, dafür mehr Mittel einzusetzen. Die Gelder stammen zu zwei Dritteln aus der CO2-Abgabe. Für den Zeitraum nach 2020 schlägt der Bundesrat mit seiner Vorlage über ein Klima- und Energielenkungssystem den schrittweisen Abbau der Fördermassnahmen und die Aufhebung der Teilzweckbindung vor.
Verbot fossiler Heizungen
Das Gebäudeprogramm soll 2025 auslaufen. Es werde weiter wirken, schreibt der Bundesrat in seinem Bericht zur Vernehmlassung. Für den Fall, dass die Emissionen nicht genügend zurück gehen, soll der Bundesrat jedoch die Kompetenz erhalten, fossile Heizungen bei Neubauten und beim Ersatz von Heizungen in bestehenden Bauten ab 2029 zu verbieten.
Beim Verkehr setzt der Bundesrat auf die Verstärkung bisheriger Massnahmen. Eine CO2-Abgabe auf Treibstoffen ist nach wie vor nicht vorgesehen. Hingegen sollen die Emissionsvorschriften für neu immatrikulierte Personenwagen weiter verschärft werden. Beibehalten will der Bundesrat zudem die Pflicht für Hersteller und Importeure fossiler Treibstoffe zur Kompensation der CO2-Emissionen. Neu sollen auch Kompensationsmassnahmen im Ausland möglich sein.
Landwirtschaft einbeziehen
Der Bundesrat will wie bisher Zwischenziele festlegen. Neu betreffen diese nicht nur den Gebäude-, den Verkehrs- und den Industriesektor, sondern auch die Landwirtschaft.
Diese soll über die Agrarpolitik einen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase leisten. Zeichnet sich ab, dass die Landwirtschaft das Ziel verfehlt, muss das zuständige Departement dem Bundesrat Vorschläge für eine Kurskorrektur unterbreiten.
Emissionshandel verknüpfen
Ein zentrales Instrument bleibt das Schweizer Emissionshandelssystem. Betreiber von emissionsintensiven Anlagen müssen weiterhin daran teilnehmen und ihre verursachten Emissionen mit dem Kauf von Emissionsrechten decken. Im Gegenzug sind sie von der CO2-Abgabe befreit. Nicht verpflichtete Unternehmen können freiwillig am System teilnehmen.
Der Bundesrat möchte das Schweizer Emissionshandelssystem mit jenem der EU verknüpfen. Unternehmen könnten die Emissionsrechte so im grösseren Markt handeln. Ein entsprechendes Abkommen ist ausgehandelt, liegt aber auf Eis: Die EU macht eine Unterzeichnung vom Abschluss eines institutionellen Rahmenabkommens abhängig. Für die Verknüpfung der Systeme müsste in der Schweiz die Luftfahrt ins Handelssystem einbezogen werden.
Transparenz auf Finanzmärkten
Im Abkommen von Paris setzt sich die internationale Staatengemeinschaft auch zum Ziel, die Finanzflüsse klimaverträglich auszurichten. Das Investitions- und Finanzierungsverhalten in der Schweiz werde dem heute nicht gerecht, hält der Bundesrat fest.
Er setzt hier jedoch auf freiwillige Massnahmen. Der Bund soll lediglich eine unterstützende Rolle einnehmen, indem er Grundlagen zur Beurteilung der indirekten Wirkung von Investitionen und Finanzierungen erarbeitet.
Schweiz besonders betroffen
Der Bundesrat möchte das Abkommen von Paris möglichst rasch dem Parlament vorlegen und dann ratifizieren, damit die Schweiz an der entsprechenden Konferenz von nächstem Herbst teilnehmen kann.
Die Schweiz sei als Alpenland besonders vom Klimawandel betroffen und habe ein grosses Interesse an einer erfolgreichen internationalen Klimapolitik, betont der Bundesrat. Die globalen Temperaturen sind seit Beginn der Messungen 1864 im Schnitt um 0,85 Grad Celsius gestiegen. In der Schweiz ist es im gleichen Zeitraum um 1,9 Grad wärmer geworden.
Welche Massnahmen zwischen 2020 und 2030 nötig sind, hängt auch davon ab, ob die Schweiz das Reduktionsziel für das Jahr 2020 von 20% gegenüber 1990 erreicht. Bei einer Verfehlung müssten die Treibhausgasemissionen in den folgenden Jahren stärker abgesenkt werden. (awp/mc/upd/ps)