Bern – Der Bundesrat plant eine vorsichtige Öffnung des Bus- und Schienenverkehrs. Künftig könnten ausländische Bahnunternehmen selbständig auf dem Schweizer Schienennetz operieren. Zudem sollen in der Schweiz mehr Fernbusse verkehren. Das ist das Fazit eines Berichts, den der Bundesrat im Auftrag des Nationalrats erstellt und am Donnerstag veröffentlicht hat. Darin untersuchte er die Entwicklungsmöglichkeiten des grenzüberschreitenden Personenverkehrs und der Fernbuslinien im Inland.
Vieles kommt für den Bundesrat nicht in Frage. Eine Absage erteilt er etwa der vom Nationalrat geforderten Liberalisierung des inländischen Busverkehrs. Damit würde ein isoliertes Parallelsystem im öffentlichen Verkehr geschaffen, warnt er. Die Fernbusse hätten zudem gegenüber den konzessionspflichtigen Bahnen einen Wettbewerbsvorteil. «Das wäre ein sehr tiefgreifender Eingriff in das Schweizer öV-System», sagte Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamts für Verkehr, vor den Bundeshausmedien.
Der Bundesrat will auch nicht zulassen, dass ausländische Bahn- oder Busunternehmen innerhalb der Schweiz transportieren. Für Bahnen könnte das so genannte Kabotageverbot jedoch bald nicht mehr absolut gelten. Der Bundesrat will ausländischen Bahnunternehmen nämlich ermöglichen, internationale Verbindungen von und nach der Schweiz anzubieten.
Geringes Potenzial
Heute können sie dies nur in Zusammenarbeit mit einem Schweizer Bahnunternehmen tun. Sobald zum Beispiel die Deutsche Bahn zwischen Interlaken und Hamburg selbständig operiert, dürfte sie auch Passagiere zwischen Thun und Bern befördern. Hauptziel muss aber immer die Verbindung ins Ausland bleiben.
Der Bundesrat erhofft sich von dieser Liberalisierung eine Verbesserung des bestehenden Angebots. Füglistaler beurteilt das Potenzial allerdings als gering. Allenfalls sei ein solches im Nachtverkehr vorhanden, sagte er. Chancen könnten sich auch für Schweizer Bahnen eröffnen, da sich diese im Gegenzug um Strecken im Ausland bewerben könnten.
Der Bundesrat dürfte den Entscheid nächstes Jahr fällen. Das kann er mit der Genehmigung eines Zusatzes zum Landverkehrsabkommen mit der EU. Dafür braucht er nicht einmal den Segen des Parlaments. Eine Anpassung von Schweizer Recht ist dafür nicht nötig.
Auch den Markt für nationale Fernbusse will er innerhalb des geltenden Rechts öffnen. Solche sind nämlich schon heute zulässig, zwischen Chur und Bellinzona oder zwischen Luzern und Altdorf verkehren sie bereits seit Jahren.
Gleiche Pflichten
Im dem Bericht signalisiert der Bundesrat jedoch den politischen Willen, solche Angebote künftig günstig zu beurteilen. Voraussetzung ist, dass die Bedingungen für eine Konzession erfüllt sind. Die Fernbuslinien müssten sich in das vorhandene Angebot integrieren lassen. Die Anbieter hätten sich an die Fahrplan- und die Transportpflicht zu halten, müssten sich dem Tarifsystem anschliessen sowie Sozial- und Sicherheitsstandards erfüllen.
Eine gewisse Konkurrenz schliesst der Bundesrat nicht von vornherein aus. In erster Linie sollen die Fernbusse das bestehende Angebot aber «bei entsprechendem Bedarf in sinnvoller Weise ergänzen», heisst es im Bericht. Er denkt etwa an Tangentialverbindungen, die von Bahnen nicht abgedeckt werden. Die Zielgruppe wären dann Autofahrer, die auf Fernbusse umsteigen und so das Strassennetz entlasten.
Kabotageverbot unter Druck
Wenig Handlungsbedarf sieht der Bundesrat im internationalen Fernbusverkehr. Dieser ist durch internationale Abkommen geregelt und funktioniert in der Regel gut, wie es im Bericht heisst. In der Pflicht sieht der Bundesrat vor allem Kantone und Gemeinden. Diese müssten für einheitliche Standards bei Haltestellen und Busbahnhöfen sorgen. Dabei geht es beispielsweise um Toiletten.
Das Kabotageverbot steht für den Bundesrat nicht zur Disposition. Mit den neuen Angeboten gerät dieses jedoch zunehmend unter Druck: Das deutsche Busunternehmen Flixbus ist vom Bund gebüsst würden, weil es Passagiere von einem Schweizer Abfahrtsort an eine Schweizer Destination befördert haben soll.
Füglistaler glaubt aber nicht, dass es sich um systematischen Missbrauch handelt. «In der Regel wird über die Grenze gefahren», sagte er. Er räumt aber ein, dass der Busfahrer Passagiere nicht daran hindern könne, an einer Schweizer Station wieder aus dem Bus auszusteigen. (awp/mc/pg)