Bundesrat gegen Lockerungen bei der Arbeitszeit
Bern – Der Bundesrat stellt sich gegen eine Lockerung der Regeln zur Arbeitszeit. Er beantragt dem Parlament, auf eine Gesetzesvorlage der ständerätlichen Wirtschaftskommission (WAK) nicht einzutreten.
In seiner am Dienstag im Bundesblatt veröffentlichten Stellungnahme kritisiert der Bundesrat, dass die WAK die Sozialpartner nicht einbezogen habe. «Schon allein deshalb erachtet der Bundesrat die Erfolgschancen dieser Revisionsvorlage als gering», schreibt er.
Der Bundesrat anerkennt zwar, dass die Kommission Anpassungen vorgenommen habe. Damit könnten die in der Vernehmlassung geäusserten Befürchtungen aber kaum substanziell entkräftet werden, heisst es in der Stellungnahme.
Nach Jahresarbeitszeitmodell
Der Gesetzesentwurf der WAK geht auf eine parlamentarische Initiative von Konrad Graber (CVP/LU) zurück. Sie bezweckt, dass mehr Personen nach einem Jahresarbeitszeitmodell arbeiten: Arbeitgeber sollen künftig Vorgesetzte und Fachspezialisten, die mindestens 120’000 Franken verdienen oder einen höheren Bildungsabschluss haben, einem Jahresarbeitszeitmodell unterstellen können.
Möglich wäre dies aber nur mit Zustimmung der Betroffenen oder der Arbeitnehmervertretung des Betriebs. Auch soll die wöchentliche Arbeitszeit 67 Stunden nicht überschreiten dürfen. Und die jährliche Arbeitszeit soll auf mindestens 40 Wochen verteilt werden müssen.
Arbeiten ab 4 Uhr morgens
Für den Fall, dass das Parlament auf die Vorlage eintritt, empfiehlt der Bundesrat, verschiedene Aspekte zu prüfen, damit diese mit den Sozialpartnern diskutiert werden können. Unter anderem betrifft dies das vorgeschlagene Modell für Tages- und Abendarbeitszeit.
Neu wäre es für Betriebe möglich, ohne Bewilligung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dem zustimmen, ab 4 Uhr morgens zu beschäftigen beziehungsweise bis 24 Uhr. Das berge Risiken für die Gesundheit, schreibt der Bundesrat. Die medizinischen Erkenntnisse sprächen klar gegen einen Arbeitsbeginn vor 5 Uhr.
30 Prozent betroffen
Weiter gibt der Bundesrat zu bedenken, dass mit den vorgeschlagenen Kriterien rund 30 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer potenziell betroffen wären. Er schlägt vor, einzig auf den Lohn als Kriterium abzustellen. Das würde die Arbeit für die Arbeitsinspektorate vereinfachen, argumentiert er. Zudem wären damit maximal 15 Prozent aller Arbeitnehmenden betroffen.
Die Wirtschaftskommission hatte auch einen zweiten Entwurf in die Vernehmlassung geschickt, der auf eine parlamentarische Initiative der ehemaligen St. Galler FDP-Ständerätin und heutigen Bundesrätin Karin Keller-Sutter zurückgeht. Dieser sah vor, dass der Arbeitgeber für die gleichen Gruppen von Arbeitnehmenden auf die Erfassung der Arbeits- und Ruhezeit verzichten kann. Darauf will die Kommission aber verzichten, wie sie nach der Vernehmlassung beschloss. (awp/mc/ps)