Bern – Erreicht die gesamtschweizerische Arbeitslosenquote in einem Beruf fünf Prozent, gilt eine Stellenmeldepflicht. Mit diesem «Arbeitslosenvorrang» wird die Masseneinwanderungsinitiative umgesetzt. Die Details hat der Bundesrat am Mittwoch in die Vernehmlassung geschickt.
Die Eckwerte hat er bereits vor zwei Wochen bekannt gegeben. Wirtschaftsverbände kritisierten die geplante Umsetzung als nicht arbeitgeberfreundlich und forderten einen höheren Schwellenwert. Bei fünf Prozent wären nach Berechnungen des Bundesrats drei von zehn Neubesetzungen von der Stellenmeldepflicht betroffen. In seinem Bericht zur Vernehmlassungsvorlage spricht er von einer «gezielten Massnahme», die die Rekrutierung neuer Arbeitskräfte nicht unnötig erschwere.
Unterscheidung der Tätigkeitsbereiche
Die Liste der betroffenen Berufsarten wird jährlich vom Wirtschaftsdepartement festgelegt. Damit werden nicht Branchen wie etwa das Gastgewerbe unterschieden, sondern die einzelnen Tätigkeitsbereiche wie Geschäftsführer oder Servicepersonal.
Die Stellenmeldepflicht gilt bei einer gesamtschweizerischen Arbeitslosigkeit von fünf Prozent – aus «Praktikabilitätsgründen», wie der Bundesrat schreibt. Das vom Parlament im Dezember beschlossene Umsetzungsgesetz sieht jedoch auch die Einführung der Stellenmeldepflicht in besonders betroffenen Wirtschaftsregionen vor. Das will der Bundesrat mit einem Antragsrecht für die Kantone umsetzen, wenn die Arbeitslosigkeit in einem bestimmten Beruf auf ihrem Gebiet besonders hoch ist.
Ausnahmen für kurze Einsätze
Der Bundesrat konkretisiert mit der vorgeschlagenen Verordnung auch die Ausnahmen von der Stellenmeldepflicht: Arbeitnehmer müssen eine offene Stelle dann nicht melden, wenn diese mit eigenen Mitarbeitenden oder nahen Verwandten besetzt wird, Lernende weiterbeschäftigt werden oder die Stelle befristet ist. Der Bundesrat stellt hier eine Befristung auf 14 Tage oder einen Monat als Varianten zur Diskussion. Dies soll dringliche Stellenbesetzungen ermöglichen, etwa beim Ausfall eines Mitarbeitenden.
Die Informationen über offene Stellen würden nach den Vorschlägen des Bundesrats während fünf Tagen ausschliesslich gemeldeten Stellensuchenden zur Verfügung stehen. Gleichzeitig stellt die Arbeitsvermittlung Arbeitgebern mit offenen Stellen innert kurzer Frist passende Dossiers zu. Als passend gelten Dossiers, wenn Stellensuchende aufgrund des erlernten Berufs, der Berufserfahrung, des Arbeitspensums, des Arbeitsortes oder weiterer nachgefragter Anforderungen dem gemeldeten Stellenprofil entsprechen.
Was heisst geeignet?
Nicht definieren will der Bundesrat, was unter geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zu verstehen ist, welche ein Arbeitgeber einzuladen hat. Das sollen diese «selbst und ohne Vorgaben bestimmen können», schreibt der Bundesrat im Bericht zur Vernehmlassungsvorlage. Hält ein Arbeitgeber einen Bewerber oder eine Bewerberin aber für geeignet, muss er ihn oder sie – unter Strafdrohung von bis zu 40’000 Franken Busse – zum Bewerbungsgespräch oder zu einer Eignungsabklärung einladen. Der Arbeitgeber muss nicht begründen, warum er einen bestimmten Stellensuchenden abgelehnt hat. Das hat das Parlament beschlossen. Er muss die Ablehnung der Arbeitsvermittlungsbehörde aber mitteilen.
Strengere Regeln für Fahrende
Mit dem Umsetzungsgesetz wird auch die Zusammenarbeit zwischen den kantonalen Sozialbehörden und der Arbeitsvermittlung verbessert. Ziel ist es, das Potenzial an inländischen Arbeitskräften besser zu nutzen. Arbeitsmarktfähige anerkannte Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen sollen künftig bei der Arbeitsvermittlung gemeldet werden. Dabei werden Sprach- und Fachkompetenzen und weitere Kenntnisse festgestellt.
Weiter soll den Migrationsbehörden gemeldet werden, wenn nicht erwerbstätige Ausländerinnen und Ausländer Ergänzungsleistungen (EL) beziehen. So soll das Aufenthaltsrecht besser überprüft und Missbrauch verhindert werden können.
Mit der Gesetzesänderung wollte das Parlament auch Konflikte mit Fahrenden entschärfen. Künftig kann daher eine Reisendengewerbebewilligung verweigert oder entzogen werden, wenn der Gesuchsteller die öffentliche Ordnung gestört hat. Explizit ist die unrechtmässige Besetzung öffentlicher oder privater Grundstücke genannt. Der Bundesrat nennt im Bericht auch die Verletzung von Umweltvorschriften bei Bau- und Unterhaltsarbeiten.
Das Vernehmlassung dauert bis am 6. September 2017. Der Bundesrat will die Verordnungen Anfang 2018 verabschieden. (awp/mc/pg)