SNB-Präsidium: Bundesrat hält an Zeitplan fest
Thomas Jordan, Kronfavorit auf die Ernennung zum Nationalbankspräsidenten.
Bern – Über die Nachfolge des zurückgetretenen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand will der Bundesrat im April entscheiden. Es gebe keinen Anlass, an dem zu Jahresbeginn kommunizierten Zeitplan für die Ernennungen an der Spitze der Schweizerischen Nationalbank (SNB) abzuweichen, erklärte Bundesratssprecher André Simonazzi am Freitag an einer Medienkonferenz zur heutigen Sitzung der Landesregierung.
Zu wählen sei nicht nur der Nationalbankpräsident, hielt Simonazzi fest. Auch die Stellen des dritten Direktoriumsmitglieds und des Bankratspräsidenten seien zu besetzen. Der am Mittwoch vorgestellte Untersuchungsbericht der Prüfer KPMG sei nur «am Rande» ein Thema gewesen, erklärte Simonazzi. Dessen Ergebnis sei vom Bundesrat zur Kenntnis genommen worden.
Bundesrat will Aufsicht über Nationalbank nicht grundlegend ändern
Der Bundesrat sieht ausserdem keinen Anlass, die Aufsicht über die Schweizerische Nationalbank (SNB) grundlegend anzupassen. Dies schreibt er in seinen Antworten auf acht dringliche Interpellationen, die nächste Woche in der Sonderdebatte des Nationalrats zur Affäre Hildebrand diskutiert werden. Der Bundesrat nimmt in den am Freitag im Internet veröffentlichten Antworten Bezug auf ein von ihm im Nachgang zum Rücktritt von SNB-Präsident Philipp Hildebrand in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten.
Rechtsprofessor Paul Richli war darin zum Schluss gekommen, dass die Aufgabenteilung zwischen Verwaltung, Parlament und SNB-interner Aufsicht (durch den SNB-Bankrat) im Rahmen der heute geltenden Verfassungsbestimmungen nicht grundsätzlich anders gestaltet werden könne.
Bundesrat schliesst sich Gutachter an
Die geltende Verteilung der Aufsichtskompetenzen entspricht laut Richli der Absicht der Verfassung, der Nationalbank in Bezug auf die Geld- und Währungspolitik Unabhängigkeit zu gewähren. Diesen Schlussfolgerungen hat sich nun der Bundesrat ausdrücklich angeschlossen. Die eigentlichen Aufsichts- und Kontrollaufgaben soll demnach auch in Zukunft der Bankrat wahrnehmen. Dieser beaufsichtigt und kontrolliert das Direktorium und legt die innere Organisation der SNB fest. Namentlich erlässt der Bankrat das Organisationsreglement und unterbreitet es dem Bundesrat zur Genehmigung.
Durch den Bundesrat genehmigen lassen muss der Bankrat auch den Jahresbericht und die Jahresrechnung. In der Führung der Geld- und Währungspolitik ist die SNB laut Verfassung unabhängig. Die SNB muss aber der Bundesversammlung jährlich Rechenschaft über ihre Geld- und Währungspolitik ablegen.
Bundesrat und Parlament nur Oberaufsicht
Sowohl die Bundesversammlung als auch der Bundesrat üben demnach über die SNB die Oberaufsicht aus. Ihre Aufsichtskompetenz erfasst jedoch einzig die Frage der Rechtmässigkeit des Handelns der SNB. Seinen Einfluss geltend machen will der Bundesrat beim SNB-Organisationsreglement. Dieses wird zurzeit durch den Bankrat zusammen mit anderen internen Vorschriften überprüft. Insbesondere werden dabei die Regeln zu Eigengeschäften der SNB-Direktionsmitglieder überprüft.
Wie der Bundesrat nun schreibt, will er bei der Genehmigung des überarbeiteten Organisationsreglements «darauf hinwirken, dass darin sämtliche für die funktionsfähige Organisation der SNB nötigen Bestimmungen enthalten sind». Gutachter Richli hatte in diesem Zusammenhang von einem «nicht zu unterschätzenden Aufsichtsmittel» geschrieben.
Keine Ausweitung des Insidertatbestandes
Nichts wissen will der Bundesrat von einer Ausweitung des Insidertatbestandes auf den Devisenhandel. Heute gilt dieser Tatbestand nur für börslich gehandelte Effekte – reine Devisen gehören im Gegensatz zu Devisenderivaten nicht dazu. Das soll auch so bleiben. Denn in aller Regel würden in Bezug auf Devisen keine kursrelevanten Informationen vorliegen, schreibt der Bundesrat. Personen, die über entsprechende Informationen verfügten, unterstünden wie das Direktorium der SNB dem Amtsgeheimnis und würden den entsprechenden Strafbestimmungen unterliegen.
Auf zahlreiche andere Fragen der Interpellationen aus den Reihen von SVP, SP, CVP, Grünen, Grünliberalen und BDP geht der Bundesrat in seinen schriftlichen Antworten nicht ein. Die Parlamentarier dürften damit am nächsten Mittwoch im Nationalrat und am Tag darauf im Ständerat nachhaken.
In der Sonderdebatte des Nationalrats kommen auch drei Motionen zur Sprache. Darin fordert die SVP etwa, dass sich die SNB in Zukunft nicht über ein bestimmtes Mass verschulden darf. (awp/mc/pg)