Bern – Der Bundesrat hebt den Lockdown schneller auf als geplant: Ab dem 11. Mai können nicht nur Läden, Märkte und obligatorische Schulen, sondern auch Museen, Bibliotheken und Restaurants wieder öffnen.
Der öffentliche Verkehr wird wieder nach dem ordentlichen Fahrplan funktionieren. Auch Sport ist wieder erlaubt: Ab dem 11. Mai können im Breitensport wieder Trainings in Kleingruppen stattfinden, in den Profiligen sollen Geisterspiele ab 8. Juni erlaubt werden.
Krise nicht vorbei
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga begründete die rasche Lockerung der Massnahmen mit dem Rückgang der Fallzahlen. Die Massnahmen hätten gewirkt, sagte sie am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. Die Krise sei aber noch nicht vorbei. «Wir werden noch eine Weile mit dem Virus leben müssen.»
Voraussetzung für jede Lockerung sei, dass es keinen Wiederanstieg der Fallzahlen gebe, Sommaruga. «Wir haben viel erreicht. Das wollen wir nicht gefährden.»
Ursprünglich hatte der Bundesrat die Schliessung von Bars und Beizen frühestens am 8. Juni aufheben wollen. Schliessungen seien nicht die einzige Lösung, sagte Gesundheitsminister Alain Berset. Es sei eine gute Möglichkeit zu lernen, mit dem Virus zu leben.
Damit die Lokale wieder öffnen können, müssen sie nämlich strenge Schutzkonzepte erfüllen: In einem ersten Schritt sind an einem Tisch maximal vier Personen oder Eltern mit Kindern erlaubt. Alle Gäste müssen sitzen, zwischen den Gästegruppen sind zwei Meter Abstand oder trennende Elemente nötig. Über die weiteren Schritte entscheidet der Bundesrat am 27. Mai.
Kein Festivalsommer
Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen hingegen bleiben noch länger verboten. Solche will Bundesrat nicht vor September wieder erlauben. Festivals und Sportevents sind damit erst im Oktober wieder möglich.
An Grossveranstaltungen sei das Übertragungsrisiko besonders gross und die Rückverfolgung einer Ansteckung praktisch unmöglich, sagte Berset. Nach seinen Angaben sind hunderte von Anlässen von dem Entscheid betroffen. Mit dem Fahrplan will der Bundesrat auch Planungssicherheit schaffen. Vor den Sommerferien soll die Lage noch einmal neu beurteilt werden.
Kinder in die Schule
Wie geplant wird am 11. Mai der Präsenzunterricht an den Primar- und Sekundarschulen wieder aufgenommen. Dafür gelten ebenfalls Schutzkonzepte. Die Kantone und Gemeinden werden die Umsetzung regeln. Der Bund müsse nicht jedes Detail regeln, sagte Sommaruga. Es gelte, den spezifischen Bedürfnissen von Kindern, Eltern und Lehrerschaft entgegenzukommen.
Auch an Gymnasien sowie an Berufs- und Hochschulen dürfen ab dem 11. Mai wieder Veranstaltungen mit bis zu fünf Personen abgehalten werden. Prüfungen dürfen durchgeführt werden, sofern die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden. Präsenzveranstaltungen in grösseren Gruppen dürfen voraussichtlich ab dem 8. Juni wieder stattfinden.
Keine Maturaprüfung
Der Bundesrat hat auch einen Grundsatzentscheid zu den Maturaprüfungen gefällt: Die Berufsmaturität soll ganz auf Erfahrungsnoten basieren. Die kantonalen Gymnasien können auf die schriftlichen Prüfungen verzichten. Die kantonale Erziehungsdirektorenkonferenz hat bereits beschlossen, keine mündlichen Prüfungen durchzuführen.
Anders als ursprünglich geplant sollen am 11. Mai auch Museen, Bibliotheken und Archive wieder geöffnet werden. In diesen könnten Abstands- und Hygieneregeln einfach umgesetzt werden, sagte Berset. Auch die Besucherströme können nach Einschätzung des Bundesrats gut gelenkt werden. Botanische Gärten und Zoos hingegen bleiben bis am 8. Juni 2020 geschlossen.
Trainings wieder möglich
Lockerungen hat der Bundesrat auch für den Sport beschlossen. Ab dem 11. Mai können im Breitensport wieder Trainings in Kleingruppen mit maximal fünf Personen stattfinden, sofern es nicht zu Körperkontakt kommt und die Hygiene- und Distanzregeln eingehalten werden. Im Leistungssport gelten weniger starke Einschränkungen, insbesondere dürfen Trainings auch mit mehr als fünf Personen stattfinden.
Die Regierung sieht zudem vor, auf Stufe Spitzensport den Spielbetrieb unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab 8. Juni zuzulassen. Konkret heisst dies, dass ab diesem Zeitpunkt etwa in der Super League Geisterspiele möglich wären.
Einreisebeschränkungen werden schrittweise aufgehoben
Schrittweise aufheben will der Bundesrat auch die coronabedingten Einreisebeschränkungen. Ab dem 11. Mai sollen zunächst die vor dem 25. März eingereichten Gesuche von Erwerbstätigen aus dem EU/Efta-Raum und aus Drittstaaten bearbeitet werden. Für Schweizer und EU-Bürger soll ab diesem Datum zudem der Familiennachzug in die Schweiz wieder möglich sein. Die Grenzkontrollen bleiben hingegen bestehen.
BAG-Vorschriften gelten weiterhin
Trotz der Lockerung gelten die Abstands- und Hygieneregeln weiterhin. Alle Betriebe und Einrichtungen müssten ein Schutzkonzept haben, das sich entweder auf ein Branchenkonzept oder auf die Vorgaben des Bundes abstützten, schreibt der Bundesrat.
Über die nächste Etappe der Lockerungen ab dem 8. Juni wird der Bundesrat an seiner Sitzung vom 27. Mai entscheiden. Dann will der Bundesrat unter anderem entscheiden, wie es im Tourismus weitergeht. Geplant sind ausserdem Entscheide zum Versammlungsverbot von mehr als fünf Personen, zum Präsenzunterricht an Gymnasien und Hochschulen, zu kulturellen Einrichtungen, Sportanlagen und zu Gottesdiensten. (awp/mc/pg)