Bern – Der Bundesrat hat am Mittwoch die Eckwerte für den Bau des zweiten Gotthard-Strassentunnels festgelegt. Geplant ist eine Röhre, die östlich des bestehenden Tunnels parallel im Abstand von 70 Metern verläuft. Baubeginn ist frühestens 2020.
Der Vortrieb wird von Norden und Süden her gleichzeitig mit zwei Tunnelbohrmaschinen in Angriff genommen, wie es in den Unterlagen des Bundesamts für Strassen (ASTRA) heisst. Dabei entsteht eine runde Röhre von 12,7 Metern Durchmesser. Alle 250 Meter soll ein Querschlag von beiden Tunneln in einen Sicherheitsstollen führen.
In der Decke des neuen Tunnels wird je ein Kanal für Zu- und Abluft eingebaut. Unter der Fahrbahn ist ein Werkleitungsstollen geplant. Hier werden Leitungen für Energie, Kommunikation und Löschwasser eingebaut. Später könnte gemäss den Plänen auch eine Starkstromleitung eingezogen werden. Die Freileitung über den Gotthardpass muss in den nächsten Jahren saniert werden.
Portalbauwerke in Göschenen und Airolo werden übernommen
Die beim Bau der ersten Röhre erstellten Portalbauwerke in Göschenen und Airolo werden für die zweite Tunnelröhre übernommen. Betrieb und Unterhalt werden über die bestehenden Werkhöfe abgewickelt. Übernommen werden auch die vier bestehenden Lüftungsschächte, die über die ganze Länge des bestehenden Tunnels angeordnet sind. Durch die Lüftungsschächte kann bei einem Brand Rauch abgesaugt werden.
Mit Überraschungen im Gestein ist laut ASTRA nicht zu rechnen. Vom Bau der ersten Strassenröhre seien die geologischen Verhältnisse im Gebirge bekannt. Zwei Störzonen – eine im Norden, eine im Süden – können nicht mit den Tunnelbohrmaschinen durchstossen werden. Diese werden vorsorglich gesprengt, wobei der Zugang über separate Zugangsstollen erfolgt.
Pläne für Ausbruchmaterial
Nach den Plänen des ASTRA fallen beim Bau der zweiten Gotthardröhre rund 6,3 Millionen Tonnen Ausbruchmaterial an. 1 Million Tonnen wird als Baumaterial wiederverwendet. Rund 2,8 Millionen Tonnen sind für die Verbesserung und Renaturierung der Flachwasserzone im Urnersee eingeplant. Das Projekt ist bereist bewilligt.
Die übrigen 2,5 Millionen Tonnen werden im Raum Airolo gebraucht, etwa zur Geländemodellierung und für die Überdeckung der Autobahn auf rund einem Kilometer Länge. Schätzungsweise 100’000 Tonnen leicht belastetes Material soll in Deponien gelagert werden.
Beim Transport des Ausbruchmaterials werden keine Lastwagen eingesetzt. In Portalnähe werden Förderbänder eingesetzt. Material, das aufbereitet werden soll, wird per Bahn über die SBB-Bergstrecke zur Materialaufbereitungsanlage nach Stalvedro im Tessin transportiert. Geplant sind fünf bis zehn Züge pro Tag. In Airolo werden rund 25 Hektaren für Baustelleninstallationen beansprucht, in Göschenen rund 15 Hektaren.
Nach Angaben des ASTRA liegen die Kosten wie geplant bei knapp 2 Milliarden Franken. Mit der Sanierung der bestehenden Röhre kommen sie auf 2,8 Milliarden Franken zu stehen.
Baubeginn frühestens 2020
Beim nun erfolgten Planungsschritt handelt es sich um das Generelle Projekt. Es ist die erste wichtige Etappe nach der Volksabstimmung vom Februar 2016. Das Generelle Projekt enthält die Grobplanung und die wichtigsten Eckwerte der neuen Tunnelröhre. Bei der Erarbeitung wurden die Kantone Uri und Tessin sowie die betroffenen Gemeinden nördlich und südlich des Gotthards einbezogen. Für die Umweltverbände fanden Informationstreffen statt.
Einsprachen werden erst im Plangenehmigungsverfahren behandelt, welches das Ausführungsprojekt beinhaltet. Ein solches soll im Frühling 2018 vorliegen. Wann der Startschuss für die Bauarbeiten fällt, hängt von der Dauer der Planung und allfälliger Beschwerdeverfahren ab.
Im besten Fall können die Bauarbeiten 2020 aufgenommen werden. Dann könne der Rohbau bis 2025 fertiggestellt werden. Die Eröffnung der zweiten Röhre ist frühestens für Ende 2027 geplant. 2028 bis 2030 würde die bestehende Röhre saniert. Ab 2030 könnte der Verkehr dann durch beide Tunnel geführt werden. Die Kapazität soll dadurch nicht erhöht werden.
Wachsame Umweltorganisationen
Umweltverbände bleiben trotzdem auf der Hut. Die Alpen-Initiative werde das Projekt diesbezüglich genau verfolgen, heisst es in einer Mitteilung. Die Organisation fordert, dass die heutige Kapazität von maximal 1000 Fahrzeugen pro Stunde und Richtung bereits im Projekt verankert wird.
Positiv vermerkt die Alpen-Initiative, dass die meisten Baustellentransporte per Bahn oder Förderband abgewickelt werden. Begrüsst werden auch die Überdeckung der Autobahn in Airolo und die Renaturierungen. (awp/mc/pg)