Bern – In der Schweiz ausgegebene Obligationen sollen attraktiver werden. Bundesrat und Parlament wollen darum auf Zinsen dieser Obligationen künftig keine Verrechnungssteuer mehr erheben. Weil die Linke das Referendum ergriffen hat, hat am 25. September das Volk das letzte Wort.
Heute sind für Zinseinkommen 35 Prozent Verrechnungssteuer fällig. Privatpersonen im Inland erhalten die Steuer zurück, wenn sie die Zinseinnahmen in der Steuererklärung deklarieren. Die Steuer fällt beispielsweise auch auf Zinsen aus inländischen Obligationen an.
«Wir verlieren Steuersubstrat»
Für Anleger sei es relativ kompliziert, die Verrechnungssteuer zurückzufordern, sagte Finanzminister Ueli Maurer am Montag in Bern vor den Medien. Um den Aufwand zu umgehen, würden die Obligationen vermehrt im Ausland ausgegeben. «Wir verlieren dadurch Wirtschaftssubstrat, Arbeitsplätze und Steuersubstrat», sagte Maurer.
Bundesrat und Parlament wollen deshalb die Abgabe auf ab 1. Januar 2023 im Inland emittierten Obligationen nicht mehr erheben. Bei bestehenden Obligationen soll die Verrechnungssteuer bleiben. Für Private im Ausland und für Unternehmen sei die Rückforderung der Steuer kompliziert, schreibt der Bundesrat.
Auch kann es laut Bundesrat sein, dass die Steuer auf ein Gesuch aus dem Ausland hin nicht oder nur zum Teil zurückerstattet wird. Und weil es die Verrechnungssteuer nicht überall im Ausland gebe, wichen Schweizer Unternehmen Obligationen im Ausland aus.
Finanzplatz Schweiz im Rückstand
Im Obligationenmarkt liegt die Schweiz heute zurück gegenüber den Finanzplätzen Luxemburg, Singapur, Südkorea, USA oder auch Grossbritannien. In diesen Ländern würden deutlich mehr Obligationen ausgegeben als hierzulande, hält der Bundesrat fest.
Maurer nannte die Vorlage ein «Reförmchen», das weniger als fünf Prozent der Verrechnungssteuer insgesamt betreffe – auf Dividenden etwa bleibt die Steuer. Dass man es ablehnen könne, ein wegen des Aufwandes durch die Verrechnungssteuer geändertes Verhalten rückgängig zu machen, sei für ihn schwer verständlich, sagte Maurer.
Ein weiteres Argument des Finanzministers für die Reform ist die OECD-Mindeststeuer, die voraussichtlich ab 2024 umgesetzt wird. «Mental ist die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer ein Signal an die Wirtschaft, dass die Schweiz gute Rahmenbedingungen schafft.»
Wegfallen soll nach dem Willen von Bundesrat und Parlament auch die Umsatzabgabe auf inländischen Obligationen und gewissen anderen Wertpapieren. Sie wird heute fällig, wenn die Papiere gekauft oder verkauft werden. Auf ausländischen Obligationen soll die Umsatzabgabe jedoch weiterhin erhoben werden.
Für juristische Personen sowie Anlegerinnen und Anleger im Ausland – wollen Bundesrat und Parlament zudem die Verrechnungssteuer auf Zinsen von Bankguthaben streichen. Bleiben soll die Steuer aber für Private im Inland.
Mehr Steuereinnahmen
Wie der Bundesrat schreibt, hätten Bund, Kantone und Gemeinden mit den Gesetzesänderungen mehr Steuereinnahmen, weil Unternehmen Geld vermehrt in der Schweiz aufnehmen. «Im günstigsten Fall könnte sich die Reform deshalb bereits im Jahr des Inkrafttretens selbst finanzieren», hält der Bundesrat fest.
Ohne Umsatzabgabe auf inländischen Obligationen dürften nach Schätzung der Eidgenössischen Steuerverwaltung die Einkünfte um rund 25 Millionen Franken pro Jahr zurückgehen. Bei der Verrechnungssteuer werden die Mindereinnahmen im Jahr des Inkrafttretens auf einen zweistelligen Millionenbetrag geschätzt.
Danach dürften die Mindereinnahmen zunehmen, wenn verrechnungssteuerpflichtige Obligationen nach und nach durch neue und steuerbefreite Papiere abgelöst werden. Langfristig rechnet der Bund mit 215 bis 275 Millionen Franken weniger Einnahmen im Jahr – soweit schätzbar und bei tiefen Zinsen. Steigen die Zinsen, steigen die Mindereinnahmen. Die Mindereinnahmen treffen vorwiegend den Bund.
Zweck der Verrechnungssteuer ist, dass Zinseinnahmen korrekt deklariert werden. Bei Unternehmen erfüllten Buchführungspflicht und Massgeblichkeitsprinzip diese Funktion, sagte Adrian Hug, der Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Bei Anlegern im Ausland sowie Anlagen von Schweizern im Ausland zählt der Bund auf den automatischen Informationsaustausch. (awp/mc/ps)
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