Bundesrat reagiert auf Kritik am Rettungsschirm für Strombranche

Bundesrat reagiert auf Kritik am Rettungsschirm für Strombranche
(Photo by Nikola Johnny Mirkovic on Unsplash)

Bern – Der Bundesrat beharrt nach teilweise massiver Kritik in der Vernehmlassung zwar auf einem 10-Milliarden-Franken-Rettungsschirm für die Strombranche. Er hat jedoch zahlreiche Anpassungen ins Gesetz aufgenommen, das nun ins Parlament geht.

Der Bundesrat überwies am Mittwoch die Botschaft für ein dringliches Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen für Stromunternehmen ans Parlament. Er will zwar weiterhin alle systemkritischen Unternehmen unter den Schutzschirm stellen, aber einen Alternativmechanismus einbauen. Konkret will der Bundesrat Unternehmen, die auf eine kantonale Liquiditätsunterstützung zählen können, im Wesentlichen vom dringlichen Bundesgesetz ausnehmen.

Mit dem Rettungsschirm will die Landesregierung die Versorgungssicherheit gewährleisten. Weitere starke Preisaufschläge könnten zu einer Kettenreaktion in der Strombranche führen und schlimmstenfalls einen Systemkollaps zur Folge haben, begründete das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) in einer Mitteilung. Mit dem präventiven Instrument will der Bundesrat Notrecht vermeiden.

Kein Rettungsschirm für alle
Angesichts der zahlreichen Einwände in der kurzen Vernehmlassung kommt der Bundesrat den Kritikern in einigen Punkten entgegen. So hat er die Auskunfts- und Informationspflichten gelockert, insbesondere vor der Gewährung eines Darlehens. Gestrichen hat er auch seine Möglichkeiten zur operativen Einflussnahme. Weiter hat er den Risikozuschlag substanziell gesenkt und die Berechnung der Bereitstellungspauschale präzisiert.

Ausserdem verzichtet der Bundesrat auf eine automatische, gesetzliche Verpfändung der Aktien des Unternehmens bei Gewährung eines Darlehens. Um private Finanzierungslinien nicht zu gefährden, sieht die Vorlage zudem die Möglichkeit von nachrangigen Darlehen vor, sollte dies zwingend notwendig sein.

Die Vorlage verzichtet ferner auf ein explizites Verbot zur Weiterbelastung der Bereitstellungspauschale, des Risikozuschlags sowie der Zinsen an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher, welche Elektrizität für den eigenen Verbrauch in der Grundversorgung beziehen.

Nicht eingehen konnte der Bundesrat nach eigenen Angaben auf die Forderung, den Rettungsschirm für alle Unternehmen zu öffnen. Dadurch würde faktisch eine staatliche Förderbank für die Energiebranche geschaffen. Die Stützung nicht systemkritischer Unternehmen sei weiterhin Sache der Eigentümer.

Extreme Preisausschläge
Der Bundesrat befristet das Gesetz bis 2026. Das Parlament soll die Vorlage in der Sommersession beraten. Danach soll eine Reihe von Massnahmen gelten, welche die Strombranche widerstandsfähiger macht. Dazu gehören Regeln für den Weiterbetrieb wichtiger Funktionen wie die Stromproduktion, ein Gesetz zur Integrität und Transparenz des Grosshandels mit Strom und Gas und allfällige Liquiditäts- und Kapitalvorschriften.

Den Anstoss für das dringliche Bundesgesetz gaben extreme Preisausschläge im vergangenen Dezember. Die Strompreise schossen innert weniger Tage um das Acht- bis Neunfache in die Höhe. Der Stromkonzern Alpiq – der nach Umsatz zweitgrösste Stromversorger der Schweiz – ersuchte wegen des drohenden Liquiditätsengpasses den Bund vorsorglich um finanzielle Hilfe. Später zog er das Gesuch wieder zurück, weil die Aktionäre dem Konzern eine temporäre Liquidität zur Verfügung stellten.

Weiter verstärkt hat sich die unsichere Lage zwischenzeitlich durch den Krieg in der Ukraine. Falls russische Gaslieferungen ausfallen, würde sich die Lage weiter verschärfen. Deshalb will der Bundesrat den Worst Case vorbereiten, «der hoffentlich nie eintritt», wie Energieministerin Simonetta Sommaruga Mitte April bei der Präsentation des Rettungsschirms sagte. (awp/mc/ps)

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