Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. (Foto: admin.ch)
Bern – Der Bundesrat will Steuersünder härter anpacken. Dafür rüttelt er am Bankgeheimnis: Bei Verdacht auf Steuerhinterziehung sollen kantonale Steuerverwaltungen Bankdaten einsehen können. Der Plan geht in eine Vernehmlassung.
Die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und -betrug in der Schweiz bringt es mit sich, dass es bei Steuerdelikten zu ganz unterschiedlichen Verfahren kommt. Bei Einkommens- und Vermögenssteuern können kantonale Steuerverwaltungen selbst bei erhärtetem Verdacht und hohen Beträgen nicht an Bankdaten kommen. Der Bund kann dies aber beispielsweise bei der Mehrwertsteuer tun.
Solche Schwächen will der Bundesrat mit einer Vereinheitlichung des Steuerstrafrechts ausmerzen. Die Vorlage dazu präsentierte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Donnerstag. Bis Ende September können sich Interessierte in einer Vernehmlassung äussern.
Unterscheidung aufgeweicht
Am meisten zu reden geben dürfte, dass die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und -betrug bei den Untersuchungsmitteln wegfallen soll. Jedes Steuerstrafverfahren wird zu einem echten Strafverfahren, in dem auch Banken über Vermögensverhältnisse ihrer Kunden Auskunft geben müssen. Heute kommt es häufig zu Verwaltungsverfahren ohne diese Möglichkeit.
«Das Bankgeheimnis soll für Steuerhinterzieher kein Schutz sein», sagte Widmer-Schlumpf. Dank den zusätzlichen Kompetenzen könnten kantonale Steuerverwaltungen alle Fälle umfassend beurteilen – und dann eine angemessene Strafe oder einen Freispruch aussprechen.
Reine Vermutung reicht nicht
Damit die Steuerbehörden Einblick in Bankdokumente erhalten können, muss aber ein Verfahren eröffnet worden sein. Dafür ist ein hinreichender Tatverdacht nötig, reine Vermutungen genügen nicht. Als Beispiel nannte Adrian Hug, Leiter der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), den Hinweis auf eine nicht-deklarierte Erbschaft oder nicht angegebene Nebenerwerbseinkünfte.
Möglich sein soll der Zugang zu Bankinformationen nur, wenn der Vorsteher der Steuerverwaltung dies erlaubt. Informiert wird der betroffene Bankkunde erst im Nachhinein. Er kann dann auch Beschwerde bei einem Strafgericht einlegen, was im Erfolgsfall dazu führt, dass die Bankunterlagen im Verfahren nicht verwendet werden dürfen.
Keine Änderung für die meisten Steuerpflichtigen
Weiter bestehen bleibt das Bankgeheimnis im Veranlagungsverfahren: Der oder die Steuerpflichtige gibt Einkommen und Vermögen nach wie vor selbst an. Es gibt keine automatische Information durch die Bank. «Für die grosse Masse der Bürger ändert sich nichts», sagte Widmer-Schlumpf.
Die Finanzministerin wies weiter darauf hin, dass die Vorlage nicht zu Mehreinnahmen für den Staat führen dürfte. Sie rechne auch nicht mit mehr Verfahren. Diese könnten aber effizienter abgeschlossen werden. Davon erhofft sie sich auch eine präventive Wirkung.
In den vergangenen Jahren erledigten die Kantone über 4’000 Verfahren wegen Steuerhinterziehung. Hinzu kamen seit 2010 rund 10’000 straflose Selbstanzeigen. Trotz grundsätzlich hoher Steuermoral gebe es Hinterziehung in der Schweiz, stellte Widmer-Schlumpf fest. «Es ist schlecht für die Steuermoral, wenn Steuerhinterzieher nicht verfolgt werden können».
Gleich lange Spiesse wie das Ausland
Hintergrund der Anpassung bei den Verfahren ist nicht zuletzt auch die starke Kritik der Kantone, wie der Bundesrat in der Botschaft einräumt. Diese beklagen sich über ungleich lange Spiesse im Vergleich zu ausländischen Steuerbehörden, welche im Rahmen der Amtshilfe sogar im Veranlagungsverfahren Bankdaten aus der Schweiz erhalten können. Die Vereinheitlichung der Verfahren soll auch einher gehen mit einer Reform der Steuerstraftatbestände, die der Bundesrat im Februar 2013 angekündigt hat. Weiterhin gilt als Hinterziehung, wenn jemand beispielsweise einen Nebenerwerb oder eine Erbschaft in der Steuererklärung nicht deklariert.
Der Steuerbetrug soll aber neu formuliert werden: Wer Steuern mit arglistigem Verhalten oder mit Hilfe von Urkundenfälschung hinterzieht, begeht einen Steuerbetrug. Heute ist dies nur bei Urkundenfälschung der Fall, also wenn etwa eine Buchhaltung oder ein Lohnausweis manipuliert wird.
Ab einer hinterzogenen Summe von 600’000 CHF liegt beim Steuerbetrug ein qualifizierter Fall vor, der ausserdem neu als Vortat zur Geldwäscherei gelten soll. Dies verlangt das Gremium zu Geldwäschereibekämpfung GAFI in internationalen Empfehlungen. (awp/mc/pg)