Bundesrat Johann Schneider-Ammann.
Bern – Die Verantwortung über Lehrlinge, Studenten und Forscher liegt ab dem kommenden Jahr in den Händen von nur noch einem Bundesrat. Mit der Zusammenlegung der Bildung im Volkswirtschaftsdepartement von Johann Schneider-Ammann nimmt ein langwieriges Projekt Formen an.
Erst nach jahrelangem Druck des Parlaments raufte sich der Bundesrat zur kleinen Departementsreform zusammen, die am 1. Januar Tatsache wird. Die Räte hielten die Aufteilung der Bildungsaufgaben zwischen dem Innendepartement (EDI) und dem Volkswirtschaftsdepartement (EVD) für ineffizient.
Als Folge der Reform wandern das Staatssekretariat für Bildung und Forschung sowie die Zuständigkeit für die Eidgenössisch-Technischen Hochschulen (ETH) vom EDI ins EVD, in dem sich bereits die Berufsbildung befindet. Schneider-Ammanns EVD heisst deshalb neu Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung, abgekürzt: WBF. Schneider-Ammann und EDI-Vorsteher Alain Berset luden die Mitarbeiter am Donnerstagabend zur offiziellen Stabsübergabe ein.
Kulturen vereinen
In einer ersten Phase sind die Änderungen minimal, wie die Departementssprecherin Evelyn Kobelt auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte. Nur rund 30 Personen wechseln ihren Arbeitsort. Das Ziel ist jedoch, die rund 220 Stellen bis 2014 unter einem Dach zu vereinen. Als grösste Herausforderung gilt laut Kobelt aber, zwei verschiedene Kulturen zusammenzufügen. Diese Aufgabe kommt dem neuen Direktor des fusionierten Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) zu, dem Tessiner Mauro Dell’Ambrogio, der heute das Staatssekretariat für Bildung im EDI leitet. Dell’Ambrogios Ernennung verlief nicht reibungslos. Er wurde erst gewählt, nachdem Schneider-Ammann mit seinem ersten Vorschlag im Bundesrat auf Widerstand gestossen war.
Schneider-Ammann hatte zunächst ETH-Professor René Boutellier für den Posten vorgeschlagen. Dass dieser auch Verwaltungsratspräsident der Ammann Group war, dem Unternehmen von Schneider-Ammanns Familie, goutierte der Bundesrat jedoch nicht.
Befürchtungen um Stellenwert
Da die Wahl auf den Leiter des bisherigen Staatssekretariats fiel, haben mehrere Spitzenbeamte des alten Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (BBT) die Verwaltung verlassen. Viele Kaderstellen beim SBFI sind mit Leuten aus dem für die Universitäten zuständigen heutigen Staatssekretariat besetzt. Vor allem im Gewerbe löste dies Befürchtungen aus zum Stellenwert der Berufsbildung gegenüber dem Universitätsbereich. Schneider-Ammann hatte in der Wintersession eine Reihe von Fragen von Parlamentariern dazu zu beantworten.
Er kündigte an, dass die organisatorische Stellung der Berufsbildung im SBFI nach einiger Zeit überprüft werden solle. Vorerst gehe es aber darum, das neue Staatssekretariat zu stabilisieren. Eine Reorganisation nach der anderen sei dafür nicht dienlich. In einem Interview räumte auch Dell’Ambrogio ein, dass die Zusammenlegung Misstrauen ausgelöst habe. Dieses abzubauen, sei eine der grossen Herausforderungen. Die Berufsbildung werde aber nicht zu kurz kommen, sagte er.
Andere Ausgangslage in der Westschweiz
Aber auch gegenteilige Ängste gehen um. Als vehementer Verfechter des dualen Bildungssystems sorgte Schneider-Amman in der Westschweiz für Aufregung: Der Bundesrat brachte die höhere Arbeitslosenquote in der Romandie mit der dort höheren Maturandenquote in Verbindung. Berufsbildung und akademischer Weg hätten den gleichen Wert, versicherte er.
Die Kompetenzen des Bundes in der Bildung sind allerdings beschränkt. Die Hoheit liegt – ausser bei der ETH – grundsätzlich bei den Kantonen. Nicht unwesentlich ist aber die Rolle des Bundes bei der Finanzierung: Für Bildung, Forschung und Innovation sprach das Parlament im Herbst einen Kredit von über 26 Milliarden Franken für die nächsten vier Jahre.
Schneider-Ammann gibt auch Ämter ab
Als Kompensation für die Bildungsämter gibt Schneider-Ammann das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) dem EDI ab, wo es mit Teilen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zum neuen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen fusioniert wird. Zudem ist das Integrationsbüro – neu als Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA) – künftig ganz im Aussendepartement (EDA) angesiedelt. (awp/mc/ps)