Bundesrat steigert Wirtschaftshilfe – besonders für Selbständige

Guy Parmelin

Wirtschaftsminister Guy Parmelin. (Screenshot)

Bern – Der Bundesrat erwägt, wegen der Corona-Pandemie die Unterstützung für die Wirtschaft auszubauen. Profitieren sollen insbesondere Selbständige, die wegen der Coronavirus-Pandemie ihr Einkommen verloren haben. Nicht rückzahlbare Entschädigungen gibt es aber nicht.

«Dem Bundesrat ist bewusst, dass die Situation für viele Leute sehr schwierig ist», sagte Volkswirtschaftsminister Guy Parmelin am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. Die Regierung werde helfen, eine generelle Entschädigung sei aber nicht möglich.

Der Schaden lasse sich gar nicht beziffern. Zudem würde eine solche Entschädigung den Staatshaushalt aus dem Gleichgewicht bringen, wenn die Krise länger dauere., sagte Parmelin.

Gürtel enger schnallen
Die Löhne sichert der Bund mit Kurzarbeitsentschädigungen, die Unternehmen unterstützt er mit der Verbürgung von Notkrediten. Letztere müssen grundsätzlich zurückgezahlt werden. Inzwischen ist die Forderung laut geworden, die Wirtschaft mit nicht rückzahlbaren Beiträgen zu unterstützen. Für Parmelin gilt es nun aber, den Gürtel enger zu schallen. «Wir sind mitten in einer Krise», sagte er. Es gehe nicht darum, den heutigen Lebensstandard aufrecht zu erhalten.

Ausgebaut werden sollen jedoch die vorhandenen Instrumente. Diese werden rege genutzt. Bis am Dienstag sind laut Parmelin Notkredite über insgesamt 10,6 Milliarden Franken bei den Banken beantragt worden. Es zeichnet sich ab, dass die dafür vorgesehenen 20 Milliarden Franken nicht ausreichen.

Bis am Freitag muss das Finanzdepartement dem Bundesrat daher einen Zusatzkredit zur Erhöhung des Bürgschaftsvolumens unterbreiten. Gleichzeitig soll ein Vorgehen entwickelt werden, um Missbräuche zu verhindern. Kredite bis zu 500’000 Franken werden heute ohne Prüfung der Angaben des Kreditnehmers vergeben.

Härtefälle abfedern
Parmelin stellte auch Hilfe für jene Selbständigen in Aussicht, die heute durch die Maschen staatlicher Unterstützung fallen. Betroffen sind insbesondere jene, deren Tätigkeit nicht verboten ist, die wegen des weitgehenden Stillstands der Wirtschaft aber kaum mehr Umsatz machen. Insgesamt sind das laut Parmelin 270’000 Selbständige. Vorschläge zur Abfederung von Härtefällen sollen bis Mitte nächster Woche vorliegen.

Die Löhne von Angestellten sichert der Bund mit Kurzarbeitsentschädigung. Laut Parmelin sind inzwischen Anträge für 1,02 Millionen Arbeitnehmende gestellt worden. Das ist fast ein Fünftel aller Arbeitnehmenden in der Schweiz.

Insgesamt stehen derzeit gut 40 Milliarden Franken zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zur Verfügung. «Der Bundesrat ist, bereit, weitere Mittel zu sprechen», versprach Parmelin.

Lebensmittel-Importe vereinfachen
Der Bundesrat hat Massnahmen zur Abfederung der Folgen der Corona-Krise auf den Agrarmärkten beschlossen. So sollen unter anderem Lebensmittel-Importe flexibilisiert werden, um auf Engpässe reagieren zu können.

Die ergriffenen Massnahmen haben laut Bundesrat zum Ziel die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und einen Preiseinbruch auf den Märkten mit Folgen für die gesamte Wertschöpfungskette zu verhindern.

Asylverfahren angepasst
Anhörungen per Video- oder Telefonkonferenz, längere Rekursfristen, Militärgebäude als Flüchtlingszentren: Damit das Asylsystem auch in Zeiten der Corona-Krise aufrecht erhalten werden kann, hat der Bundesrat verschiedene Massnahmen getroffen

Es sei zentral, dass die Schweiz auch in der laufenden Krisensituation rechtsstaatlich korrekt handle, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter vor den Bundeshausmedien. Dazu gehöre auch ein faires Asylverfahren.

Angepasst hat der Bundesrat am Mittwoch das Regime an den Grenzübergängen. Zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie kann die Eidgenössische Zollverwaltung kleine Grenzübergänge künftig nach eigenem Ermessen schliessen.

Weitere Schweizer aus dem Ausland zurückgekehrt
Der zweite Rückflug aus Lima, den der Bund im Rahmen seiner Rückholaktion organisiert hat, ist erfolgt. Am Mittwochvormittag landete ein Edelweiss-Flugzeug in Zürich. An Bord befanden sich 266 Schweizer sowie 33 Passagiere aus weiteren europäischen Staaten.

963 neue Fälle
Die Zahl der in der Schweiz nachgewiesenen Covid-19-Infektionen ist innerhalb eines Tages um 963 Fälle auf 17’139 gestiegen. Das teilte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Mittwoch mit.

Am Dienstag hatte das BAG 701 neue bestätigte Fälle im Vergleich zum Vortag gemeldet, am Montag noch deren 1201. Das BAG berichtete am Mittwoch zudem über 378 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung in der Schweiz. Gemäss der Zählung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, die auf Meldungen der Kantone beruht, kamen bisher 472 Menschen durch das Coronavirus ums Leben.

Die grosse Mehrheit der Bevölkerung halte sich an die Weisungen des Bundesamts für Gesundheit, sagte Bundesrat Parmelin. Nun dürfe man nicht nachlassen, auch wenn das Wetter schön sei.

«Der Bundesrat ruft die ganze Bevölkerung dazu auf, die Vorschriften einzuhalten», sagte Parmelin mit Blick auf die Ostertage. Es wäre bedauerlich, wenn die Massnahmen verschärft werden müssten. (awp/mc/pg)

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