Bern – Sonderkonto für Ukraine-Geflüchtete, weniger Ausgaben fürs Asylwesen und für die ETH, zudem eine höhere Tabaksteuer: So will der Bundesrat den angeschlagenen Bundeshaushalt entlasten. Ansonsten droht im kommenden Jahr ein Defizit von 2,5 Milliarden Franken.
Die Bundesfinanzen befinden sich seit längerem in Schieflage. In den kommenden Jahren wird sich die Lage laut dem Bundesrat noch verschärfen. Grund dafür sind unter anderem steigende Ausgaben für die AHV, die Prämienverbilligungen, das Asylwesen und die Armee.
«Bereits ab 2025 dürften die Fehlbeträge 2,5 Milliarden Franken und mehr betragen», schrieb der Bundesrat am Mittwoch. Weil die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse ein so grosses Minus nicht zulässt, muss einnahmen- und ausgabenseitig etwas geschehen.
Ausserordentliche Verbuchung
Nur einen Monat nach Abschluss der letzten – teil emotionalen – Budgetdebatte im Parlament hat der Bundesrat nun erste Vorentscheide getroffen, um das Budget für das kommende Jahr ausgeglichener zu gestalten. Um die Finanzierungslücke zumindest teilweise zu schliessen, will er bei verschiedenen Posten ansetzen.
Um über eine Milliarde Franken will der Bundesrat den Haushalt entlasten, indem er die Ausgaben für Schutzsuchende aus der Ukraine zum vierten Mal in Folge ausserordentlich verbuchen will. Damit würde die Schuldenbremse umgangen.
Ab 2026 will der Bundesrat den Schuldenaufbau reduzieren und die Ausgaben für Ukraine-Geflüchtete ordentlich budgetieren, wie er schreibt. «Spätestens 2028 sollen alle Asylausgaben wieder ordentlich finanziert werden.»
Kita-Vorlage nach hinten verschoben
Weitere 436 Millionen Franken weniger will der Bundesrat im nächsten Jahr für die Kita-Mitfinanzierung einstellen. Die entsprechende Vorlage zur familienergänzenden Kinderbetreuung werde frühestens 2026 in Kraft treten, schrieb er.
Noch ist unklar, in welche Richtung der Weg führen wird. Die zuständige Kommission des Ständerates wird voraussichtlich im Frühjahr ein alternatives Modell in die Vernehmlassung schicken, welches über das Familienzulagensystem finanziert werden soll und den Bundeshaushalt deutlich weniger belasten dürfte.
Kürzen will der Bundesrat zudem die Bundesbeiträge an die Arbeitslosenversicherung (ALV), nämlich um 340 Millionen Franken. Gemäss aktuellen Prognosen werde das Eigenkapital der ALV trotz Kürzungen stetig wachsen, so die Landesregierung. Die ALV-Leistungen würden nicht tangiert.
Weniger Einlagen in mehrere Fonds
Ähnlich gestaltet sich die Situation beim Bahninfrastrukturfonds. Dieser ist gut gefüllt, weshalb der Bundesrat die bereits beschlossene gestaffelte Kürzung der Einlage vorziehen und in zwei statt drei Jahren vollziehen will. Konkret soll die Einlage im Jahr 2025 um 300 Millionen Franken statt wie bisher geplant um 150 Millionen Franken gekürzt werden.
Zusätzliche 100 Millionen Franken will der Bundesrat bei der ETH einsparen. Er begründet dies damit, dass die Hochschule derzeit über Reserven von 1,4 Milliarden Franken verfüge. Die Aufgabenerfüllung des ETH-Bereichs sei durch die Kürzung nicht gefährdet.
Die Einlage in den Fonds für Regionalentwicklung will der Bundesrat im Jahr 2025 vollständig streichen und in den Jahren 2026 und 2027 halbieren. Das Parlament hatte sich bereits im Rahmen der Budgetberatung 2024 für eine Halbierung ausgesprochen. Der Fonds sei aktuell gut dotiert, die Liquidität sei sichergestellt, so der Bundesrat.
Höhere Tabaksteuer
Zu reden geben dürften weitere Vorentscheide des Bundesrats. So soll die Tabaksteuer erhöht werden. Mit dieser Massnahme sollen zusätzliche Einnahmen von mindestens rund 35 Millionen Franken erzielt werden, wie es hiess. Das bestehende Gesetz gebe dem Bundesrat den nötigen Spielraum für Erhöhungen einzelner Produktkategorien. Zunächst will der Bundesrat jedoch die Wirtschaftskommissionen beider Räte konsultieren.
Prüfen will der Bundesrat eine Reduktion der Kosten in den Bereichen Asyl und Status S in unbekannter Höhe. Der Bundesrat will nach eigenen Angaben im Frühjahr ein Massnahmenpaket diskutieren.
Zählt man all diese Posten zusammen, würde der Bundeshaushalt im kommenden Jahr um über 2 Milliarden Franken entlastet. Das verbleibende Defizit für 2025 von rund einer halben Milliarde will der Bundesrat Mitte Februar bereinigen, sobald die neuen Einnahmenschätzungen vorliegen.
Weitere Sparpakete absehbar
Noch nicht eingerechnet sind laut dem Bundesrat mögliche Mehrausgaben beispielsweise für Abkommen mit der EU, die Beteiligung am Wiederaufbau Ukraine oder die Mehrkosten eines möglichen weiteren Ausbaus der Sozialwerke.
Mittelfristig braucht es laut dem Bundesrat weitere Sparpakete. Er will «rasch eine grundlegende Überprüfung der Aufgaben und Subventionen des Bundes in Angriff nehmen». Bis Ende März sollen mögliche Stossrichtungen vorliegen, wie es hiess. (awp/mc/pg)