Bern – Die Schweizer Bevölkerung stimmt am 27. September 2020 über die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» ab. Die Initiative verlangt das Ende der Personenfreizügigkeit mit der EU. Eine Annahme hätte nach Ansicht der Landesregierung schwerwiegende Folgen für die Arbeitsplätze und den Wohlstand in der Schweiz. An der heutigen Medienkonferenz sprach sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter gemeinsam mit Vertretern der Sozialpartner für ein Nein zur Initiative aus. Die Abstimmung war ursprünglich am 17. Mai vorgesehen, musste dann jedoch aufgrund der Coronakrise verschoben werden.
In der Abstimmung am 27. September gehe es nicht nur um die Personenfreizügigkeit, betonte die Vorsteherin des EJPD vor den Medien. Als Teil der Bilateralen I sei das Freizügigkeitsabkommen eng mit sechs weiteren, für die Wirtschaft zentrale Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) verknüpft. Es stehe deshalb der bewährte bilaterale Weg mit der EU auf dem Spiel.
Perspektive aus der Krise
Keller-Sutter hob hervor, dass die Schweizer Volkswirtschaft auch wegen des bilateralen Weges vor der Corona-Krise hervorragend aufgestellt und die Arbeitslosigkeit tief war. Es gebe deshalb nun ein gemeinsames Ziel: «Die Wirtschaft soll sich jetzt so rasch wie möglich erholen können und so konkurrenzfähig werden wie vor der Krise. Es geht darum, unsere Arbeitsplätze und damit unseren Wohlstand zu sichern.» Dazu bräuchten die Unternehmen Stabilität und sicher keine riskanten Experimente», sagte Karin Keller-Sutter.
Kontrollierte Zuwanderung
Der Bundesrat will nur so viel Zuwanderung wie nötig. Er unterstützt und fördert deshalb das inländische Arbeitskräftepotenzial gezielt mit verschiedenen Massnahmen. So können sich beispielsweise Stellensuchende dank der Stellenmeldepflicht in Berufen mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit mit einem zeitlichen Vorsprung auf freie Stellen bewerben. In Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern hat der Bundesrat weitere Massnahmen beschlossen, mit denen die Chancen insbesondere von älteren Personen auf dem Arbeitsmarkt erhöht werden, zum Beispiel mit Job-Coaching oder gezielter Aus- und Weiterbildung. Und schliesslich hat auch das Parlament in der Sommersession beschlossen, ausgesteuerten Arbeitslosen über 60 Jahre, die lange gearbeitet und wenig Vermögen haben, bis zur Pensionierung eine existenzsichernde Überbrückungsleistung zu gewähren.
Sozialpartner stehen hinter dem Bilateralen Weg
An der Medienkonferenz sprachen sich auch vier Vertreter der Sozialpartner für ein Nein zur Begrenzungsinitiative aus.
Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, wies in der Medienkonferenz darauf hin, dass sich gerade in der Corona-Krise die Systemrelevanz der KMU gezeigt habe. Es sei deshalb unverantwortlich den KMU den Zugang zu einem wichtigen Fachkräftepool zu verbauen. Auch der Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, Valentin Vogt, unterstrich die Bedeutung der Bilateralen Verträge mit der EU: «Seit Einführung der Bilateralen Verträge haben in der Schweiz nicht nur die Reallöhne signifikant zugenommen, sondern es wurden auch deutlich mehr Arbeitsplätze für Einheimische geschaffen.»
Seitens der Gewerkschaften, betonte Nationalrat Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB): «Das eigentliche Ziel der Initiative ist nicht die Begrenzung der Einwanderung, sondern die Deregulierung der Arbeitsbedingungen und der Druck auf die Löhne.» Der Präsident von Travail.Suisse, Adrian Wüthrich, findet: «Die Kündigungsinitiative ist arbeitnehmerfeindlich, weil mit der Aufhebung der Personenfreizügigkeit auch die flankierenden Massnahmen und damit der Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen aufs Spiel gesetzt würden. Zudem gefährdet die Initiative Arbeitsplätze und verlangsamt die wirtschaftliche Erholung nach Corona.» (mc/pg)