Bern – Der Bundesrat will Postfinance erlauben, Hypotheken und Kredite zu vergeben. Er hat am Mittwoch die Botschaft zur Änderung des Postorganisationsgesetzes verabschiedet.
Mit der Änderung will der Bundesrat erreichen, dass sich die Ertragskraft von Postfinance verbessert und das Anlagerisiko für die Kundengelder kleiner wird.
Um die notwendigen Eigenmittel aufzubringen, ist zudem geplant, die Bank aus dem Postkonzern herauszulösen und teilweise zu privatisieren. Heute gehört die Postfinance zu 100 Prozent dem Bund.
Mehrheitliche oder vollständige Privatisierung geplant
Wegen der in der Vernehmlassung geäusserten Bedenken in Bezug auf Verfassungsmässigkeit, Wettbewerbsneutralität, Föderalismus und Finanzmarktstabilität steht für den Bundesrat fest, dass die Postfinance auf dem Kredit-und Hypothekarmarkt nur dann langfristig erfolgreich sein kann, wenn der Bund die indirekte Kontrollmehrheit abgibt, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Es werde deshalb die mehrheitliche oder vollständige Privatisierung der Postfinance angestrebt.
Dadurch müsse auch die enge Verflechtung und Zusammenarbeit zwischen PostFinance und den übrigen Bereichen des Konzerns angepasst werden – dies insbesondere bei der Erbringung der Grundversorgung, hiess es weiter. Dies solle im Rahmen einer Revision des Postgesetzes (PG) geschehen. Der Bundesrat hat eine Expertenkommission beauftragt, um Vorschläge zur Weiterentwicklung der Grundversorgung ausarbeitet.
FDP, SVP und Grünliberale forderten in der Vernehmlassung eine «vollständige und konsequente Privatisierung». SP, Gewerkschaften und Gewerbeverband hatten diese stark kritisiert.
Bund soll mit 1,7 Mio. überbrücken
Bis der Post Kapital von aussen zufliesst, will der Bund einspringen. Er unterbreitet dem Parlament einen Verpflichtungskredit über 1,7 Milliarden Franken mittels eines einfachen Bundesbeschlusses. Zudem ist vorgesehen, dass der Bund die Hypotheken- und Kreditvergabe an klimaverträgliche Projekte binden kann.
Der Bundesrat will zudem «trotz inhaltlicher Berührungspunkte mit der Postgesetz-Revision» die Änderung des Postorganisationsgesetzes vorziehen. Dies «aufgrund der sich rasch verschlechternden Ertragslage von PostFinance», argumentiert der Bundesrat. Das heisst: Unabhängig vom Entscheid über die Privatisierung soll das Kredit-und Hypothekarvergabeverbot aber sofort aufgehoben werden.
Obwohl Postfinance seit 2012 eine Banklizenz besitzt, hatte der Bundesrat das Vordringen in den neuen Markt zuerst kategorisch ausgeschlossen. Die Zahlen haben ihn aber zum Umdenken bewegt: Im Lauf der letzten acht Jahre ist das Betriebsergebnis (Ebit) von 623 Millionen Franken auf 240 Millionen Franken gesunken. Den Grundsatzentscheid für die Änderung hatte der Bundesrat schon im Herbst 2018 gefällt. (awp/mc/pg)