Philipp Hildebrand, ehemaliger SNB-Präsident am Tag seines Rücktritts am 9. Januar 2012.
Bern – Der Bundesrat weist die Kritik des Parlaments an seinem Vorgehen in der Affäre um Philipp Hildebrand erneut zurück. Im Gegensatz zur Aufsichtsbehörde geht die Regierung in ihrer offiziellen Stellungnahme davon aus, rechtmässig gehandelt zu haben.
Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) beider Räte waren Mitte März in einem Bericht zum Schluss gekommen, dass die Regierung sich bei der Affäre um den ehemaligen Nationalbank-Präsidenten Philipp Hildebrand über ihre Kompetenzen hinweggesetzt hatte. Zuständig gewesen wäre für die Untersuchung der Vorwürfe gegen Hildebrand der Bankrat, welcher die Aufsicht über die Nationalbank (SNB) ausübt.
Bundesrat betrachtet sich als zuständig
Der Bundesrat betrachtet sich dagegen sehr wohl als zuständig, wie er in der am Freitag publizierten Stellungnahme zum GPK-Bericht festhält. Er hatte sein Vorgehen bereits bei der Publikation des Berichts verteidigt: Die Regierung sei als oberstes Leitungsgremium sowie als Wahlinstanz des SNB-Präsidenten zuständig gewesen. Der Bundesrat beruft sich auch auf entsprechende gesetzliche Grundlagen.
Zudem argumentiert die Regierung mit der politischen Dimension. «Wäre der Bundesrat nicht tätig geworden, so hätte er die Interessen der Schweiz nicht wahrgenommen – eine Haltung, die für den Bundesrat nicht in Frage kam», heisst es in der Stellungnahme.
Optimierungen möglich
Kritisiert hatte die GPK konkret mehrere Vorgänge rund um den Vorwurf, dass es in Hildebrands Umfeld – eventuell mit Wissen des SNB-Präsidenten – zu heiklen Devisentransaktionen gekommen ist. Die Vorwürfe waren Anfang Dezember 2011 von SVP-Nationalrat Christoph Blocher an die damalige Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey herangetragen worden. Diese liess die Vorwürfe untersuchen, informierte den Gesamtbundesrat aber erst Wochen später.
Der Bundesrat sieht im Nachhinein zwar «Optimierungspotenzial», beispielsweise in der Abklärung der Zuständigkeit. Allerdings seien damals nicht alle Fakten klar gewesen. Das von der GPK vermittelte Bild, der Bundesrat habe die Angelegenheit schlecht gemeistert, treffe nicht zu.
Kein neues Protokollierungssystem
Der Bundesrat zeigt sich einverstanden, den meisten der zehn Empfehlungen der GPK zu folgen. Keine Lösung ist aber beispielsweise für die Protokollierung der Bundesratssitzungen in Sicht. In diesem Punkt liegen sich die GPK und der Bundesrat seit längerem in den Haaren.
Die GPK verlangt, dass die Bundesratssitzungen mit Hilfe der Protokolle besser nachvollziehbar sein sollten. Der Bundesrat geht dagegen davon aus, dass dies mit dem heutigen System gewährleistet ist. Er will deshalb auch künftig darauf verzichten, die Beratungen im Detail und mit Namensnennungen festzuhalten.
Mit keinem Wort geht der Bundesrat auf die Kritik der GPK ein, dass ihm die neuen Dokumente, die am 9. Januar 2012 zum Rücktritt Hildebrands führten, von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf nicht vorgelegt worden waren. Aus Sicht der GPK war es dem Bundesrat deshalb nie möglich, inhaltlich zum Rücktritt Stellung zu nehmen.
Unzufrieden mit der Kommunikation
Der Bundesrat geht in seiner Stellungnahme dafür aber in die Offensive. Er zeigt sich unzufrieden mit der Kommunikation zum GPK-Bericht. Da die Schlussfolgerungen ohne inhaltliche Stellungnahme des Bundesrates publiziert wurden, fühlt sich dieser auf die Anklagebank gesetzt.
Das Vorgehen erinnere an ein Gerichtsverfahren ohne rechtliches Gehör, hält der Bundesrat fest. Die Öffentlichkeit habe lediglich die Argumente der GPK zur Kenntnis nehmen können und so den Eindruck erhalten, der Bundesrat nehme diese Haltung hin.
Er fordert die GPK auf, künftig die inhaltliche Stellungnahme der kritisierten Behörde gleichzeitig zu veröffentlichen. Unerwähnt blieben die Argumente des Bundesrat indes auch im GPK-Bericht nicht: Die in den Anhörungen von den Bundesräten vorgebrachten Argumente wurden im Bericht geschildert. Um sich zu verteidigen, publizierte der Bundesrat zudem am gleichen Tag eine Medienmitteilung. (awp/mc/upd/ps)