Bern – Der Bundesrat will die Adoption von Kindern aus dem Ausland verbieten. Eine Expertengruppe war zum Schluss gekommen, dass Missbräuche nicht ausgeschlossen werden könnten. Ein Verbot sei die beste Möglichkeit, alle Betroffenen, insbesondere die Kinder, zu schützen.
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) wurde damit beauftragt, bis spätestens Ende 2026 eine Vernehmlassungsvorlage für ein Verbot von internationalen Adoptionen auszuarbeiten, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Er bedauere, dass es in der Vergangenheit in grossem Umfang zu Unregelmässigkeiten gekommen sei. Er bedauere auch, dass die Behörden ihre Verantwortung gegenüber den Kindern und ihren Familien nicht wahrgenommen hätten.
Missbräuche trotz griffigem Adoptionsrecht möglich
Der Bericht der Expertengruppe zeigt auf, dass Bund und Kantone bereits viel getan hätten, um die Praxis der internationalen Adoptionen transparenter und sicherer zu machen. Es gebe Beispiele von Adoptionen, die korrekt durchgeführt worden und geglückt seien. Doch auch mit dem revidierten, griffigen Adoptionsrecht und unter Einsatz von erheblichen Ressourcen bleibe ungewiss, ob Missbräuche vollständig verhindert werden könnten.
Internationale Adoptionen sind gemäss dem Bericht in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Derzeit sind es noch rund dreissig pro Jahr, früher waren es mehrere hundert.
Das EJPD prüft im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses auch allfällige Ausnahmen, insbesondere für innerfamiliäre Adoptionen. Adoptionen innerhalb der Schweiz bleiben weiterhin zulässig.
Frage der eigenen Herkunft
Behandelt wurde vom Expertengremium auch die Frage, wie wichtig es für adoptierte Menschen sei, Informationen über ihre Herkunftsfamilie zu erlangen. Die Betroffenen müssten auf jeden Fall die Möglichkeit haben, sich die notwendigen Informationen zu beschaffen, hiess es im Bericht.
Die heutigen gesetzlichen Grundlagen, insbesondere bei irregulären Adoptionen, seien ungenügend, schrieb die Expertengruppe. Der Bundesrat hat aus diesem Grund das EJPD damit beauftragt, eine Reform im Zusammenhang mit der Herkunftssuche zu prüfen. Dabei sollen auch die entsprechenden Empfehlungen der Arbeitsgruppe der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und Polizeidirektoren (KKJPD) und des Bundesamts für Justiz (BJ) berücksichtigt werden.
Hintergrund der Untersuchung der Expertenkommission ist der Umstand, dass es in der Schweiz im Rahmen internationaler Adoptionen in der Vergangenheit zu gravierenden Irregularitäten kam. Zwischen 1970 und 1999 gelangten wahrscheinlich mehrere tausend Kinder aus dem Ausland durch Kinderhandel, mit gefälschten Dokumenten, fehlenden Herkunftsangaben oder durch andere illegale Praktiken zur Adoption in die Schweiz. Dies zeigte ein Bericht der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Dezember 2023. (awp/mc/pg)