Bundesrat will Auswirkungen der Zuwanderung abfedern
Bern – Der Bundesrat will mit zusätzlichen Massnahmen im Arbeitsmarkt, im Wohnungsmarkt und im Asylwesen die negativen Auswirkungen der Zuwanderung abfedern. Er tut dies vor dem Hintergrund der SVP-Zuwanderungsinitiative, die er zur Ablehnung empfiehlt.
Dass der Bundesrat die Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz (Nachhaltigkeitsinitiative)» ohne Gegenvorschlag ablehnt, ist bereits bekannt. Die Botschaft will er bis Anfang April vorlegen.
Ein Ja hätte negative Auswirkungen auf die Wirtschaft, den Wohlstand, die Sicherheit und das Funktionieren der Gesellschaft, sagte Justizminister Beat Jans am Mittwoch in Bern vor den Medien.
«Wo der Schuh drückt»
Der Bundesrat räumt ein, dass Zuwanderung und Bevölkerungswachstum mit Herausforderungen verbunden seien. Die bereits existierenden Strategien genügten nicht, sagte Jans. «Das Paket mit rund einem Dutzend Massnahmen setzt an, wo der Schuh drückt.»
Auf die Frage, ob sie genügten, um der Zuwanderungsinitiative die Stirn zu bieten, sagte er: «Es sind konkrete, umsetzbare und breit abgestützte Vorschläge.» Die Initiative dagegen halte keine konkreten Vorschläge bereit und tauge nichts.
Als Treiber der Zuwanderung sieht der Bundesrat den Arbeitsmarkt, der allerdings mehr Arbeitskräfte braucht. Er will – in Absprache mit den Sozialpartnern – vermehrt auf das Potenzial im Inland zurückgreifen. Diese Massnahmen seien ohne Gesetzesänderungen umsetzbar, sagte Jans.
Zum Beispiel sollen nachgezogene Familienangehörige rascher eine Arbeit aufnehmen. Ältere und schwer Vermittelbare sollen bei der Suche nach einem passenden Job gezielter unterstützt werden, etwa mit Coachings. Prüfen will der Bundesrat sodann, ob Einarbeitungszuschüsse mehr Menschen als heute gewährt werden können, nämlich auch Arbeitslosen, die keine Taggelder beziehen.
Zahl der Asylgesuche senken
Ansetzen will der Bundesrat auch beim Asylwesen, wobei hier laut Jans Gesetzesanpassungen nötig sind: Verfahren will er schneller erledigen und die Zahl der Gesuche senken. Es soll geprüft werden, ob in einem vorgelagerten Verfahren untersucht werden kann, ob die Voraussetzungen für das Einreichen eines Asylgesuches erfüllt sind.
Tauchen Asylsuchende unter oder sind sie nicht kooperativ, sollen ihre Gesuche nach den Plänen des Bundesrates künftig rascher abgeschrieben werden können. Prüfen will die Landesregierung auch Verschärfungen bei Mehrfach-Gesuchen.
Bei vorläufig Aufgenommenen will der Bundesrat «regelmässiger und intensiver» überprüfen, ob sie ausreisen müssen. Er erwähnt dabei ein Konzept, mit dem die Prüfung anhand von bestimmten Herkunftsländern durchgeführt werden könnte.
Zudem sollen in der Schweiz straffällig Gewordene das Asylrecht und das Ausländerrecht nicht ausnutzen können. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) arbeitet an Massnahmen in diesem Sinne.
Immobilienkäufe erschweren
Auch im Wohnungsmarkt will der Bundesrat ansetzen. Zunächst will er den Fonds für gemeinnützigen Wohnungsbau um fünf Jahre verlängern und um 150 Millionen Franken aufstocken. Seit 2004 wurden fast 29’000 Wohnungen mit Darlehen von insgesamt 975 Millionen Franken gefördert, wie es dazu heisst.
Weiter will der Bundesrat die «Lex Koller» anpassen. Es soll für Ausländerinnen und Ausländer von ausserhalb der EU und der Efta schwieriger werden, in der Schweiz Immobilien für den Eigengebrauch zu kaufen. Untersuchen lässt der Bundesrat, was Einschränkungen für den Kauf von Ferienwohnungen und Apartments durch Ausländer zur Entspannung des Wohnungsmarktes beitragen können.
Um die Umsetzung der Aufträge kümmern sich nach Angaben des SEM auf Anfrage von Keystone-SDA nun die zuständigen Departemente. Ende des Jahres werde das federführende Justiz- und Polizeidepartement Bericht erstatten über den Stand der Umsetzung. Für Gesetzesänderungen würden Vernehmlassungsvorlagen und Botschaften unterbreitet.
Kritische Stimmen
Die Massnahmen des Bundesrates wurden kritisch aufgenommen. Die Menschen würden mit diesem «klapperdürren Massnahmenpaket» im Stich gelassen, schrieb der Gewerkschaftsbund. Die Flüchtlingshilfe kritisierte die Vorverfahren für Asylsuchende. Schutzbegehren dürften nicht aus formellen Gründen abgelehnt werden.
Die Massnahmen lösten keine Probleme, schrieb die SVP. Statt die Anliegen der Initiative aufzunehmen, öffne der Bundesrat den «sozialpolitischen Giftschrank». Die SP begrüsste die Vorschläge für den Wohnungs- und im Arbeitsmarkt und sprach gleichzeitig von einem «Scheingefecht auf dem Buckel von Menschen auf der Flucht». (awp/mc/pg)