Bundesrat will die Einfuhr von problematischem Gold nicht verbieten
Bern – Gold wird oft unter menschenrechtswidrigen Bedingungen geschürft. Der Bundesrat will die Einfuhr von solchem Gold jedoch nicht verbieten. Er setzt auf freiwillige Massnahmen der Branche und mehr Transparenz.
Die Schweiz ist eine wichtige Drehscheibe des internationalen Goldhandels. Ein grosser Teil der weltweiten Goldproduktion wird von Schweizer Goldschmelzen raffiniert. Woher das Gold stammt und unter welchen Umständen es gewonnen wurde, ist nicht immer klar.
Das schreibt der Bundesrat in einem Bericht über den Goldhandel und Menschenrechte, den er im Auftrag des Ständerats verfasst und am Mittwoch publiziert hat. Das Problem könne mit einem Verbot oder mit bestehenden Gesetzen und freiwilligen Massnahmen angegangen werden, hält er fest.
Dialog vertiefen
Ein Verbot zieht der Bundesrat allerdings nicht in Betracht. Er schlägt vor, Massnahmen in Bezug auf die Transparenz und die Lieferketten zu ergreifen. Konkret soll die Qualität der in der Zollerklärung angegebenen Informationen verbessert werden. Die Industrie sei dazu bereit, schreibt der Bundesrat. Die derzeit verfügbaren Import- und Exportstatistiken erlauben weder eine eindeutige Bestimmung der Herkunft des Goldes noch dessen Produktionsverfahren.
Zudem will der Bundesrat den Dialog zwischen Privatsektor, NGO und Bund vertiefen und die Entwicklungszusammenarbeit für verantwortungsvolle Goldproduktion ausbauen. Die Branchenverbände sollen ermutigt werden, die Verbreitung bewährter Praktiken für mehr Transparenz zu fördern.
600’000 Kinder in Goldminen
Weltweit stammen rund 80 Prozent der Goldproduktion aus industriellen und rund 20 Prozent aus handwerklich betriebenen Minen. In letzteren arbeiten jedoch mehr Menschen – laut dem Bericht über 15 Millionen, darunter 600’000 Kinder. Die handwerklich betriebenen Mienen bergen laut dem Bundesrat «ein beträchtliches Risiko von Verstössen gegen die Menschenrechte, die von den Akteuren entlang der ganzen Wertschöpfungskette begangen werden können, auch in der Schweiz».
Die Analyse, auf welcher der Bericht beruht, erwähnt Zwangsarbeit, sklavenähnliche Bedingungen und Menschenhandel. Hinzu kommen Umweltschäden, die zu Gesundheitsschäden führen können, etwa wegen der Verschmutzung des Wassers durch Schwermetalle.
Nicht opportun, aber rechtmässig
Der Bundesrat betont, der Goldhandel unterliege in der Schweiz gesetzlichen Bestimmungen, die zu den strengsten der Welt gehörten. Die bestehenden Gesetze stellen sicher, dass Schweizer Raffinerien kein Gold betrügerischer Herkunft verarbeiten. Sie enthalten allerdings keine ausdrücklichen Bestimmungen zu Menschenrechten.
Grundsätzlich ist es laut dem Bericht rechtmässig, wenn auch nicht opportun, wenn eine Schweizer Raffinerie Gold aus problematischen Minen bezieht – sofern die Produktion im Ursprungsland als rechtmässig gilt. Das Strafgesetzbuch und das Zivilgesetzbuch erlauben es zwar theoretisch, die Einfuhr von Gold in die Schweiz zu verhindern, das unter menschenrechtswidrigen Bedingungen produziert wurde. Bis heute ist jedoch kein Fall dieser Art bekannt.
Freiwillige Standards
Der Goldsektor sei bedeutend, gibt der Bundesrat zu bedenken. Gegenwärtig sei er zunehmendem Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Die Schweizer Gesetzgebung enthalte Anforderungen, die jenen der wichtigsten Mitbewerber entsprächen. In den USA und in Europa gebe es allerdings gesetzgeberische Bestrebungen zur Einführung einer Sorgfaltspflicht bei der Einfuhr von Mineralien aus Konfliktgebieten.
Weiter verweist der Bundesrat auf freiwillige Standards, welche die Raffinerien eingeführt hätten. Diese seien relativ neu und hätten sich nach Auffassung gewisser NGO noch nicht bewährt. Der Handelsverband LBMA habe aber bereits einige Mitglieder wegen Nichteinhaltung der Standards ausgeschlossen. Gemäss den LBMA-Standards sind die Raffinerien verpflichtet, die Herkunft abzuklären. Diese muss aber nicht offengelegt werden.
Internationales Engagement
Auch die internationalen Bemühungen der Schweiz hebt der Bundesrat hervor. Die 2013 von der Schweiz lancierte «Better Gold Initiative» etwa entwickelt Wertschöpfungsketten verantwortungsvoller Goldproduktion. Sie bietet einen Markt für Gold, das unter Einhaltung freiwilliger Nachhaltigkeitsstandards in Kleinminen produziert wurde.
Letztes Jahr wurden 2404 Tonnen Gold im Wert von 69,6 Milliarden Franken in die Schweiz importiert. Das ist mehr als die Hälfte des weltweiten angebotenen Goldes. Exportiert wurden 1684 Tonnen Gold im Wert von 66,6 Milliarden Franken. (awp/mc/pg)