Bern – Um einen allfälligen Energiemangel im kommenden Winter zu mildern, will der Bund mit Anbietern über den Einsatz von Gas- und Öl-Reservekraftwerken verhandeln. Zudem prüft er den Einsatz der 300 in der Schweiz vorhandenen Notstromaggregate. Dies hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom Mittwoch beschlossen. Das Umweltdepartement Uvek und das Wirtschaftsdepartement WBF sollen die Verhandlungen führen.
Die Gaskraftwerke sollen gemäss Mitteilung bereits im kommenden Spätwinter als Ergänzung zu den Wasserkraftreserven bereitstehen, um allfällige Knappheiten zu bewältigen. Mit Spätwinter sind Februar und März gemeint. Insgesamt geht es um eine Leistung von 300 Megawatt. Zum Vergleich: Diese Leistung entspricht rund 80 Prozent des abgeschalteten Atomkraftwerks Mühleberg. Der Einsatz soll in einer Verordnung geregelt werden.
Anlagen sollen auch mit Öl laufen
Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) hatte in ihrem «Konzept für Gaskraftwerke zur Abdeckung von Spitzenlasten» empfohlen, bis ins Jahr 2025 zwei bis drei solcher Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 1000 Megawatt zu bauen. Das Uvek hat nun aufgrund des drohenden Energiemangels geprüft, ob sie bereits Anfang 2023 eingesetzt werden könnten. Dies für den Fall, dass der Strommarkt die Nachfrage vorübergehend nicht decken kann, und in Koordination mit der Wasserkraftreserve.
Die Anlagen sollen wegen der unsicheren Gasversorgung nach Möglichkeit auch mit Öl funktionieren. Ein Vorteil solcher Dual-Fuel-Anlagen ist gemäss Mitteilung, dass sie im Gegensatz zur Wasserkraftreserve zusätzliche Energie ins System bringen und so die Kosten und Risiken der Wasserkraft senken.
Notaggregate nutzen
Im Weiteren steht der Einsatz von Notstromaggregaten zur Diskussion. Etwa 300 solcher Aggregate gibt es laut Bund in der Schweiz. Sie liefern rund 280 Megawatt, die von der Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid für Systemdienstleistungen eingesetzt werden.
Der Bund prüft nun, ob auch sie als Reservekraftwerke genutzt werden können. Dieses Thema sei jedoch komplex, schreibt der Bundesrat: Zum einen müssten die Eigentümer zustimmen, und zum anderen seien Fragen zur Logistik zu klären.
Für den Betrieb der Reservekraftwerke sowie der Notstromaggregate sollen die Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung und allenfalls der Lärmschutzverordnung vorübergehend aufgehoben werden. Zudem soll die CO2-Verordnung geändert werden, damit die Reservekraftwerke dem System des Emissionshandels unterstellt sind.
Um Engpässe im Übertragungsnetz zu entschärfen, kann darüber hinaus die Spannung wichtiger Leitungen erhöht werden. Uvek und WBF sollen im Auftrag des Bundesrats bis Ende September einen Antrag vorlegen – dieser soll eine Erhöhung der Spannung von 220 auf 380 Kilovolt der Übertragungsleitungen Bickigen-Chippis und Bassecourt-Mühleberg für den Fall einer drohenden Mangellage enthalten. (awp/mc/pg)