Bern – Wind- und Wasserkraftanlagen, die für die Stromversorgung der Schweiz höchste Bedeutung haben, sollen künftig schneller geplant und bewilligt werden. Der Bundesrat hat dazu Gesetzesänderungen in die Vernehmlassung gegeben.
Orientierungspunkt für den Bundesrat sind die vom Volk an der Urne gutgeheissene Energiestrategie 2050 und die sichere Stromversorgung. Damit die Ziele erreicht werden können, will er die Planungs- und Bewilligungsverfahren für die für die Versorgung «bedeutendsten» Anlagen für Wasser- und Windkraft vereinfachen und straffen.
Die Bewilligungsverfahren dauerten heute oft viel zu lange, manchmal bis zu 20 Jahre, sagte Energieministerin Simonetta Sommaruga am Donnerstag vor den Medien in Bern. Grund seien die aufgeteilten Verfahren.
Dadurch könnten Gegner jede Bewilligung einzeln anfechten und dabei bis vor Bundesgericht gehen. «Das kostet viel Zeit.» Lange Verfahren schreckten Unternehmen ab und bewögen sie, im Ausland zu investieren. Davon habe die Schweiz «herzlich wenig».
Ohne Abstriche bei Natur- und Denkmalschutz
Der Bundesrat will die Verfahren für die für die einheimische Stromproduktion «bedeutendsten» Anlagen schneller machen, und das ohne Abstriche beim Natur-, Umwelt- und Denkmalschutz. Der Bundesrat schlägt dazu ein Konzept mit den Standorten für solche Anlagen vor, das dann Vorgabe für die kantonale Richtplanung wird.
Zur Bewilligung dieser Anlagen soll auf kantonaler Ebene ein konzentriertes kantonales Plangenehmigungsverfahren eingeführt werden. Dieses soll neben der Baubewilligung auch alle anderen Bewilligungen umfassen, etwa jene zum Roden, gewässerschutzrechtliche Bewilligungen und das Enteignungsrecht.
Dies soll laut Bundesrat verhindern, dass ein Projekt in Etappen aufgeteilt wird und in jeder Etappe bis vor Bundesgericht angefochten werden kann. Neu soll es nur noch einen Rechtsmittelzug geben, der alle Rechtsfragen klärt. Der Bundesrat verspricht sich davon eine «wesentliche Beschleunigung» der Verfahren.
Steuerabzug für Solarpanels
Auch mit dem Ausbau der Solarenergie soll es nach dem Willen des Bundesrates schneller vorangehen. Im Auge hat er Dächer und Hausfassaden. Damit dort häufiger Solarzellen platziert werden, sollen Investitionen in Photovoltaikanlagen nicht nur wie heute bei Sanierungen, sondern neu auch bei Neubauten von den Steuern abgezogen werden können.
Gemäss bundesrätlichen Zielen soll Photovoltaik ab 2035 mindestens 14 Terawattstunden (TWh) Elektrizität im Jahr liefern. Das wäre über 20 Prozent des heutigen Stromverbrauchs und das Fünffache der derzeitigen Produktion mit Photovoltaik. Um das Ziel zu erreichen, müssen jedes Jahr mindestens 730 Megawatt (MW) zugebaut werden. 2020 wurden aber lediglich 457 MW zugebaut.
Auf eine Pflicht für Hauseigentümer, an ihren Neubauten Solarpanels anzubringen, verzichtet der Bundesrat zwar. Vom Tisch ist das Thema aber nicht, denn es steht in der Vernehmlassung zur Diskussion. Eine Motion für eine «Solarpflicht» für Neubauten hat der Nationalrat angenommen, der Ständerat hat noch zu entscheiden.
Zudem soll die Bewilligung von Solaranlagen an Fassaden vereinfacht werden. Neu soll ein Meldeverfahren genügen – so wie es bei Dächern in vielen Fällen schon gehandhabt wird. Den Kantonen will es der Bundesrat allerdings ermöglichen, in Schutzgebieten weiterhin eine Bewilligungspflicht vorzusehen.
Eine Reihe von Vorhaben
Die vom Bundesrat bis zum 23. Mai in die Vernehmlassung gegebenen Änderungen im Energiegesetz gehören zu einer Reihe von Vorhaben für die sichere Stromversorgung und Klimapolitik.
Eine Vorlage zur sicheren Stromversorgung mit erneuerbaren Energien hat die Regierung dem Parlament im Juni zugestellt. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikaton (Uvek) bereitet eine Verordnung vor, um die Wasserkraftreserve vorzuziehen. Am «Runden Tisch Wasserkraft» bezeichneten die Akteure der Wasserkraft im Dezember 15 Projekte für den Ausbau der Speicherwasserkraft.
Nach dem Volksnein zum revidierten CO2-Gesetz im Juni 2021 verabschiedete der Bundesrat im Dezember eine neue Vorlage, die den Treibhausgas-Ausstoss bis 2030 gegenüber 1990 halbieren soll. Die Ende Januar verabschiedete Langfrist-Klimastrategie des Bundesrates soll zum 2019 gesetzten Netto-Null-Ziel für 2050 führen. (awp/mc/ps)