Bern – Der Bundesrat will die islamistische Palästinenserorganisation Hamas für fünf Jahre verbieten. Er hat dafür am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung geschickt. Betroffen vom Verbot sind auch mit der Hamas verwandte Organisationen.
Der Bundesrat verspricht sich vom Verbot der Organisation «eine präventive und repressive Wirkung», wie er in einer Mitteilung schrieb. So soll damit das Risiko verringert werden, dass die Hamas und verwandte Organisationen die Schweiz als Rückzugsort nutzen. Auch die Terrorbedrohung in der Schweiz soll dadurch verringert werden.
Ausserdem könnten die Strafverfolgungsbehörden einfacher Einreiseverbote oder Ausweisungen verfügen. Und das Verbot erlaube es den Behörden, gezielter gegen Unterstützer der Hamas vorzugehen. «Es genügt aber nicht, dass eine Organisation die gleichen Ziele der Hamas verfolgt», konkretisierte Justizminister Beat Jans vor den Medien. Die Organisation müsse sich mit den Hamas auf eine Vorgehensart geeinigt haben.
Es bleibe also auch weiterhin möglich, palästinensische Anliegen öffentlich zu unterstützen, sagte Jans. «Wenn jemand Sympathien für die palästinensische Seite hat und dafür demonstrieren geht, ist das legitim.» Das Verbot der Hamas in der Schweiz bedeute damit auch keinen Paradigmenwechsel in der Aussenpolitik.
Bis zu zwanzig Jahre Gefängnis
Mit dem Verbot, das bis am 28. Mai in Vernehmlassung ist, werden Unterstützungshandlungen der Hamas mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft. Personen, die in den Organisationen «massgeblichen Einfluss haben», sollen bis zu zwanzig Jahren hinter Gitter gehen.
Weil das Verbot für betroffene Organisationen, Gruppierungen und Personen weitreichende Konsequenzen hätte, sei das Gesetz auf fünf Jahre befristet, schrieb der Bundesrat. Das Parlament könne diese Frist aber verlängern.
Keine Bedrohung für die Schweiz
Kämpfer der im Gazastreifen regierenden islamistischen Hamas hatten am 7. Oktober Israel angegriffen und dabei fast 1200 Personen getötet und 250 entführt. Unter den Opfern waren auch zwei Schweizer Staatsbürger. Als Reaktion auf den Angriff stufte der Bundesrat die Hamas als terroristische Organisationen ein.
Gegenwärtig hat der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) allerdings keine Informationen, die darauf hindeuten, dass die Hamas über operative Mittel verfügt, um in Europa oder der Schweiz Anschläge zu verüben, wie es im erläuternden Bericht heisst.
In Europa konzentrieren sich die Netzwerke der Hamas demnach hauptsächlich auf Finanzierungsfragen, die in der Schweiz jedoch nie formell festgestellt worden seien. Mit dem Verbot würde es für die Hamas schwieriger, die Schweiz als Drehscheibe für Finanzgeschäfte zu terroristischen Zwecken zu nutzen, sagte Jans.
Vom Verbot sei nur die Hamas betroffen. Sollte sich jedoch zeigen, dass andere Organisationen sich an diesem Angriff beteiligt oder sich danach mit der Hamas verbündet haben, lasse das Gesetz eine rasche Reaktion zu. Der Bundesrat könnte das Verbot auf andere Organisationen ausweiten.
Räte forderten Verbot
Sowohl Stände- als auch Nationalrat hatten in der Wintersession ein Hamas-Verbot gefordert, indem sie die Motionen ihrer Sicherheitspolitischen Kommissionen (SIK) annahmen. Beide Kommissionen hatten geltend gemacht, dass sich die Hamas mit ihrer menschenverachtenden Attacke von Anfang Oktober auf Israel als Gesprächspartnerin vollends diskreditiert habe.
Vorbehalte gegen ein Verbot der Hamas hatte in dieser Debatte der Genfer SP-Ständerat Carlo Sommaruga, Präsident der parlamentarischen Gruppe Schweiz-Palästina, vorgebracht. Verbiete die Schweiz andere als von der Uno verbotene Organisationen, drohe sie unter internationalen Druck zu geraten. Dies etwa, was die Türkei und die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) angehe. Ein Hamas-Verbot wäre auch im Hinblick auf eine mögliche Vermittlerrolle der Schweiz ein Fehler.
«Im Moment unterhält das EDA (Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten) keine diplomatischen Beziehungen mit der Hamas», erwiderte Jans an der Medienkonferenz auf diese Bedenken. In Zukunft wäre dies laut dem Bundesrat aber trotz Verbot möglich. (awp/mc/ps)