Bern – Nach wochenlangem Zögern ist eine Verschärfung der nationalen Corona-Regeln für den Bundesrat nun doch kein Tabu mehr: Er schickt verschiedene Massnahmen in die Konsultation – darunter eine ausgedehnte Zertifikatspflicht im Privaten und eine generelle Maskenpflicht.
Um eine zweite Pandemie mit der neuen Virusvariante Omikron möglichst zu verhindern oder mindestens zu verzögern, schlägt der Bundesrat gemäss Mitteilung verschiedene Massnahmen vor, «die sich in der Vergangenheit bewährt hatten».
Die Zertifikatspflicht soll auf alle öffentlich zugänglichen Veranstaltungen in Innenräumen und auf alle sportlichen und kulturellen Aktivitäten in Innenräumen ausgeweitet werden. Auch bei privaten Treffen im Familien- und Freundeskreis in Innenbereichen soll künftig ab elf Personen eine Zertifikatspflicht gelten.
Des Weiteren soll die Zertifikatspflicht bei Veranstaltungen im Freien auf Veranstaltungen ab 300 Teilnehmenden ausgeweitet werden. Heute liegt die Schwelle bei tausend Teilnehmenden.
Ausweitung der Maskenpflicht
Der Bundesrat will zudem die Maskenpflicht auf alle Innenbereiche von öffentlich zugänglichen Betrieben und Einrichtungen sowie auf Veranstaltungen im Innern ausdehnen. Von einer obligatorischen Maskenpflicht in Schulen will der Bundesrat jedoch absehen. Dafür will er alle obligatorischen Schulen und Gymnasien verpflichten, repetitive Tests anzubieten.
In Einrichtungen, in denen das Maskentragen nicht möglich ist, sollen Ersatzmassnahmen gelten. Das heisst: Sitzpflicht beim Essen und Trinken in Restaurants und Bars; Kontaktdatenerfassung bei Kultur- und Sportaktivitäten.
Homeoffice-Pflicht in Diskussion
Ob ab der kommenden Woche wieder eine Homeoffice-Pflicht gilt, lässt der Bundesrat offen. Er stellt drei Varianten zur Diskussion: erstens eine Maskenpflicht für alle Mitarbeitende in Innenräumen, in denen sich mehrere Personen aufhalten; zweitens eine Homeoffice-Pflicht für Mitarbeitende, die weder geimpft noch genesen sind; oder drittens eine generelle Homeoffice-Pflicht.
Der Bundesrat will schliesslich die Gültigkeitsdauer der Testzertifikate anpassen. So sollen PCR-Tests nicht mehr 72 Stunden, sondern nur noch 48 Stunden gültig sein. Die Gültigkeitsdauer der Antigen-Schnelltests will der Bundesrat von 48 Stunden auf 24 Stunden halbieren. Diese Verkürzung der Gültigkeitsdauern erhöhe die Sicherheit der Testresultate, heisst es.
Weil der Bundesrat nach der Impfwoche davon ausgeht, dass der impfwillige erwachsene Teil der Bevölkerung ausreichend geimpft ist, hebt er alle Kapazitätsbeschränkungen namentlich in Innenräumen auf. Im privaten Rahmen dürfen sich also wieder über dreissig Personen treffen – einfach mit Zertifikat.
Die Zeit drängt
Wegen der sich laufend verschlechternden Corona-Situation mit explodierenden Fallzahlen und steigender Auslastung der Spitäler und Intensivpflegestationen kam die Landesregierung am Dienstag zu einer ausserordentlichen Sitzung zusammen. In diesem Rahmen entschied sie, dass ein Analysieren der Lage nicht mehr genügt und schnell gehandelt werden muss.
Bis am Mittwochabend sollen die Kantone, die Sozialpartner sowie die zuständigen Parlamentskommissionen zu den verschiedenen Massnahmenverschärfungen Stellung nehmen können, wie es in der Mitteilung heisst. Am Freitag will der Bundesrat über die Wiedereinführung eines härteren Corona-Regimes entscheiden. Dieses wäre vorerst bis am 24. Januar 2022 befristet.
Reisebeschränkungen angepasst
Bereits am vergangenen Freitag hatte der Bund auf die neue Virusvariante reagiert, um die Einschleppung und damit die Verbreitung von Omikron in der Schweiz nach Möglichkeit zu reduzieren. Bei der Einreise aus Ländern, in denen die neue Virusvariante aufgetreten ist, müssen alle Personen einen negativen Covid-19-Test vorlegen und sich für zehn Tage in Quarantäne begeben.
Zudem gilt ein Direktflugverbot aus dem südlichen Afrika. In der Schweiz ist bislang ein Omikron-Verdachtsfall bekannt. Laut dem Bundesrat sollen die grenzsanitarischen Massnahmen und Einreisebeschränkungen laufend an die aktuelle Situation angepasst werden.
Vor dem Auftreten der neuen Variante hatte der Bundesrat stets erklärt, er wolle eine Verschärfung der Corona-Massnahmen auf nationaler Ebene möglichst abwenden. Die Kantone seien in der Pflicht, zu handeln. (awp/mc/pg)