Bern – Der Bundesrat ist damit einverstanden, punktuell die Möglichkeit für Sammelklagen zu schaffen. Er beantragt den eidgenössischen Räten, eine entsprechende Motion anzunehmen. Nicht in Frage kommt für den Bundesrat ein eigentliches Sammelklagengesetz, wie er in seiner am Montag veröffentlichten Antwort auf den Vorstoss schreibt. Vielmehr will er neue Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes in laufende Gesetzgebungsarbeiten einbauen. Als Beispiele nennt der Bundesrat die laufende Aktienrechtsrevision sowie die Arbeiten an einem Finanzdienstleistungsgesetz.
Bei der Einführung neuer Instrumente soll den schweizerischen Verhältnissen Rechnung getragen werden. Vor allem will der Bundesrat die negativen Folgen von Sammelklagen in den USA vermeiden. Es sei darauf zu achten, dass die Vorschläge «weder einseitig klägerfreundlich noch wirtschaftssschädigend» seien.
Bereits in einem im Sommer veröffentlichten Bericht hatte der Bundesrat geschrieben, er halte es für denkbar, in der Schweiz die rechtliche Grundlage für Sammelklagen zu schaffen. Heute sei der kollektive Rechtsschutz ungenügend.
Sammel- oder Gruppenklagen bislang nicht möglich
Anders als in anderen Ländern sind in der Schweiz Sammelklagen oder Gruppenklagen nicht möglich. Sind mehrere Personen von einem Problem betroffen und dadurch geschädigt, muss grundsätzlich jede Person ihre Rechtsansprüche individuell vor Gericht geltend machen. Eine Bündelung der Interessen ist nur beschränkt möglich. Bei sogenannten Massen- und Streuschäden können die Betroffenen ihre Ansprüche deshalb oft nicht durchsetzen.
Verbesserungen wären aus Sicht des Bundesrates im Rahmen der bestehenden Instrumente möglich. In Frage kämen aber auch neue Instrumente. Dazu gehört ein sogenanntes Muster- oder Testverfahren, bei welchem dem Ergebnis für gleichartige Verfahren eine verbindliche Wirkung zukäme. Auch die Gruppenklage oder das Gruppenvergleichsverfahren sollte geprüft werden, allerdings «unter ganz bestimmten Bedingungen», schrieb der Bundesrat im Bericht.
Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) möchte den Bundesrat mit ihrer Motion beauftragen, Gesetzesänderungen auszuarbeiten, die es einer grossen Anzahl gleichartig Geschädigter erleichtert, ihre Ansprüche gemeinsam vor Gericht geltend zu machen. Auch sie fordert, dass dabei den schweizerischen Gegebenheiten Rechnung getragen wird. (awp/mc/ps)