Bundesrat will mit tieferer Empfangsgebühr SRG-Initiative kontern
Bern – Die Empfangsgebühr für Radio und Fernsehen soll pro Jahr und Haushalt von zurzeit 335 auf 300 Franken ab 2029 sinken. Auch sollen 60’000 Unternehmen weniger als heute die Abgabe schulden. Mit diesen Vorschlägen will der Bundesrat die SRG-Initiative kontern.
Der Bundesrat will die Radio- und Fernsehverordnung anpassen. Die Vernehmlassung dazu dauert bis 1. Februar 2024. Nicht zuletzt will er die Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» kontern, die er zur Ablehnung empfiehlt.
Mit einem Ja würde der Abgabenanteil am Budget der SRG von heute 1,25 Milliarden auf rund 650 Millionen Franken sinken. «Dies hätte weitreichende Folgen für das publizistische Angebot und die Grösse und Struktur der föderalistisch organisierten SRG», sagte Medienminister Albert Rösti am Mittwoch in Bern vor den Medien.
Bundesrat will Kompetenzen behalten
Der Bundesrat will der Initiative keine Änderung der Verfassung oder eines Gesetzes entgegenstellen – über solche Gegenvorschläge hätte das Parlament und allenfalls auch das Volk zu befinden. Er bevorzugt einen Gegenvorschlag im eigenen Zuständigkeitsbereich, denn er will die Höhe der Radio- und Fernsehgebühr weiterhin selbst festlegen.
«Der Bundesrat sieht aber einen gewissen Handlungsbedarf», sagte Rösti. Die Abgabe für Haushalte will der Bundesrat ab 2027 auf 312 Franken und ab 2029 auf 300 Franken senken. Für Kollektivhaushalte, etwa Heime, wird eine Senkung der Gebühr von heute 670 Franken auf 624 Franken ab 2027 und auf 600 Franken ab 2029 vorgeschlagen.
Zudem sollen ab 2027 über 60’000 Unternehmen von der Abgabe befreit werden. Heute müssen sie Betriebe mit mehrwertsteuerpflichtigem Jahresumsatz von 500’000 Franken zahlen. Neu sollen das nur noch Unternehmen mit 1,2 Milliarden Franken Jahresumsatz tun müssen. Damit wären rund 80 Prozent der Unternehmen von der Abgabe befreit.
Von der SRG verlangt der Bundesrat, zu sparen und sich mehr auf audio- und audiovisuelle Angebote auszurichten sowie auf Information, Bildung und Kultur. Bei Unterhaltung und Sport soll der Fokus auf dem liegen, was andere nicht abdecken. Rösti sprach von «mehreren hundert Stellen», die der Umstrukturierung zum Opfer fallen könnten.
Die Senkung der Haushaltabgabe in zwei Etappen verschaffe der SRG eine angemessene Übergangszeit, um die nötigen Sparmassnahmen umzusetzen. Im Rahmen der Konzession wolle der Bundesrat aber festhalten, dass die SRG in allen vier Sprachräumen verankert bleiben müsse, versicherte Rösti.
Geändertes Nutzungsverhalten
Der Bundesrat begründet die Senkung der Abgaben auch mit einem geänderten Verhalten der Mediennutzer. Das Medienbudget der Haushalte habe sich in den letzten Jahren aufgrund der zunehmenden Nutzung von zahlungspflichtigen in- und ausländischen Fernseh- und Streamingangeboten erhöht.
Für ein Entlastung der Haushalte sprächen auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie Inflation und höhere Mieten. Beim Bund wird davon ausgegangen, dass mit der vom Bundesrat geplanten Abgabensenkung und -befreiung die SRG rund 170 Millionen Franken weniger aus dem Gebührentopf erhalten wird.
Die Botschaft zur SRG-Initiative soll vor der Sommerpause 2024 vorliegen, ebenso die revidierte Radio- und Fernsehverordnung. Zudem will der Bundesrat 2024 die SRG-Konzession bis 2028 verlängern. 2026 dürfte die Volksabstimmung stattfinden. Erst danach will der Bundesrat eine neue SRG-Konzession ausarbeiten lassen.
Einst selbst im Initiativkomitee
Das Komitee der Initiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» reichte ihre Unterschriften im August ein. Das Volksbegehren will die Radio- und Fernsehgebühren von 335 Franken pro Haushalt und Jahr auf noch 200 Franken senken.
Die Initianten argumentieren, die Schweiz habe die weltweit höchsten geräteunabhängigen Gebühren. Arbeitgeber und Gewerbler würden doppelt zur Kasse gebeten. Die Halbierungsinitiative wurde von der SVP, dem Gewerbeverband und den Jungfreisinnigen lanciert. Dem Komitee gehörte zum Zeitpunkt der Lancierung auch der heutigen Medienminister Albert Rösti (SVP) an.
Wünsche man, dass die SRG in allen Landesteilen verankert bleibe, dürften die Vorschläge des Bundesrats reichen, um die Bevölkerung vom Weg des Bundesrates zu überzeugen, sagt Rösti nun. Er hoffe, dass auch der Gewerbeverband im Boot sein werde. «Anders wäre es, wenn wir nichts machen würden.» (awp/mc/pg)