Calmy-Rey: „Keller-Sutter hat die Europäer überrascht»

Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey.

Bern – Laut Micheline Calmy-Rey hat Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter mit ihren Aussagen zur Rede des US-Vizepräsidenten die Europäer überrascht. „Meiner Meinung nach hätte sie besser nichts gesagt», sagte die alt Bundesrätin in einem Interview mit der «SonntagsZeitung».

Sie sieht darin ein Zeichen für eine zunehmende Distanzierung der Schweiz von Europa. „Ich denke, da ist ein gewisses Kalkül dahinter», so Calmy-Rey. Keller-Sutter hatte die Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz als „Plädoyer für die direkte Demokratie» bezeichnet.

Auf die Frage, ob sich die Schweiz mit den USA gut stellen wolle, sagte Calmy-Rey: „Die offizielle Schweiz versucht, die USA zu besänftigen, dabei sieht uns Amerika bereits jetzt nicht mehr als verbündetes Land.» Sie verwies darauf, dass die Schweiz bereits unter Präsident Joe Biden von der Liste der Länder mit unbegrenztem Zugang zu KI-Computerchips aus den USA gestrichen worden sei.

Skepsis gegenüber EU-Verträgen
Auch das neue Rahmenabkommen mit der EU sieht Calmy-Rey kritisch. Sie wundere sich, dass der Bundesrat den Abschluss der Verhandlungen begrüsse, der Vertragstext aber weiterhin nicht veröffentlicht sei. „Warum hat man seitens des Bundesrates auf eine Beschleunigung der Verhandlungen gedrängt, um dann drei Jahre lang auf das Verdikt des Volkes zu warten?» Calmy-Rey mutmasste, dass der Bundesrat selbst nicht hundert Prozent dahinterzustehen scheint.

Sie wolle sich zwar nicht festlegen, bevor der Text bekannt sei, jedoch scheine ihr der institutionelle Preis der Abkommen zu hoch, etwa wenn die Entwicklungen des europäischen Rechts übernommen werden müssten: „Wenn man uns sagt: Ihr könnt abstimmen, aber wir werden euch bestrafen, wenn ihr Nein sagt, welchen Sinn hat es dann, ein Referendum abzuhalten?»

Gleichzeitig betonte Calmy-Rey die Wichtigkeit der Abkommen, da sie sich auf die Regierungsführung der Schweiz auswirken werden. Sie erwarte vom Bundesrat jedoch mehr Führungsstärke, wenn er das Abkommen tatsächlich wolle. (awp/mc/ps)

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