Bern – Das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz ist im zweiten Quartal 2011 noch um 0,4% gewachsen. Positive Impulse gingen von der Handelsbilanz aus, weil die Importe sanken und die Exporte zunahmen. Der private Konsum stieg leicht. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2010 wuchs die Schweizer Wirtschaft um 2,3%, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Donnerstag mitteilte. Im langjährigen Vergleich und gegenüber anderen Volkswirtschaften ist das respektabel.
Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaft legte in dem Zeitraum 2,8% zu, im zweiten Quartal 2011 allerdings nur um minime 0,1%. Frankreich stagnierte. Die Länder der Euro-Zone verzeichneten im zweiten Quartal ein Wachstum von 0,2%. Die weltgrösste Volkswirtschaft USA schaffte ein Plus von 0,3%, Japan schrumpfte wegen der Tsunami-Katastrophe um 0,3%.
Bruttoanlageinvestitionen rückläufig
Das Wachstum des privaten Konsums in der Schweiz betrug gegenüber dem ersten Quartal saisonbereinigt 0,2%. Positive Impulse kamen von den Bereichen Wohnen, Gesundheit und der Rubrik Sonstiges. Die Ausgaben für Nahrungsmittel sanken dagegen deutlich – der Einkaufstourismus wegen der Frankenstärke lässt grüssen. Der Privatkonsum ist mit rund 60% die wichtigste Komponente des Schweizer BIP. Der Staatskonsum stieg im Vergleich zum Vorquartal um 2,8%. Die Konjunkturabkühlung schlug sich in verstärkter Zurückhaltung der Unternehmen bei den Investitionen nieder. Die Bruttoanlageinvestitionen sanken um 2%.
Zugpferde Uhren
Bei den Investitionen in Ausrüstungen belief sich der Rückgang auf 1,5%. Die Bauinvestitionen sanken um 2,5%, nachdem sie im Vorquartal noch zugelegt hatten – dank dem Boom im Wohnungsbau. Die Preise für die Ausrüstungsgüter sanken im Vorquartalsvergleich um 2,8%, eine Entwicklung, die sich seit 2009 zeigt. Im Bau gingen sie 2% zurück. Die Exporte stiegen im zweiten Quartal trotz der nachteiligen Wechselkurse um 0,9%. Chemikalien und verwandte Produkte sowie die Uhren waren Zugpferde. Die Exporte von Maschinen, Apparaten und Elektronik gingen hingegen zurück. Die Preise erodierten weiterhin, im zweiten Quartal im Vergleich zur Vorperiode um 1,8%.
Importpreise gehen gegenüber Q1 um 0,9% zurück
Die Importe waren um 1,9% rückläufig. Gemäss Seco betraf der Rückgang fast alle Kategorien. Die Importpreise gingen gegenüber dem ersten Quartal um 0,9% zurück. Der Rückgang der Aussenhandelspreise ist seit einigen Quartalen zu beobachten. Produktionsseitig trugen vor allem die inländisch erbrachten Dienstleistungen zum Wachstum bei. Handel, Gastgewerbe, Verkehr und Nachrichtendienste wuchsen um 0,9%. Im Vorquartal war dieser Posten noch rückläufig. Auch der die öffentlichen Dienstleistungen wuchsen um 0,7%. Die Wertschöpfung in der Industrie stagnierte. Bei den Finanzdienstleistungen war sie um 0,1% rückläufig.
Export-Margen erodieren weiter
Claude Maurer, Ökonom bei der Grossbank Credit Suisse (CS), konstatierte, die Exporte hätten der Frankenstärke noch erfolgreich getrotzt. Die Mengen und damit die Aufträge seien noch da, die Margen erodierten indessen weiter. Der Stresstest mit der Beinahe-Parität von Franken und Euro im Juli und August sei zudem noch nicht abgebildet. Die Ausrüstungsinvestitionen lägen immer noch 7% über Vorjahresstand und damit auf hohem Niveau. Die CS hält an ihrer Wachstumsprognose von 1,9% für 2011 fest.
Gewerkschaften über Breite der Abschwächung beunruhigt
Daniel Lampart, Chefökonom beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund, zeigte sich wegen der Breite der Abschwächung beunruhigt. Die Binnenproduktion wachse zwar, die Nachfrage sei aber schwach. Gebe auch dieser Sektor nach, breche das Wachstum schnell zusammen. Die Industrie sei zudem im zweiten Quartal nicht gewachsen. Im Export gebe es mit der nachlassenden Weltkonjunktur nicht nur Druck bei den Preisen. Die Aufträge bei Frühzyklikern seien schon am Einbrechen. Das Forschungsinstitut BAK Basel zeigte sich überrascht über den hohen Beitrag des Aussenhandels. Die Industrie sei wegen der Frankenstärke bereits in der Stagnation. Trotz erwarteter Abschwächung im zweiten Halbjahr geht BAK Basel für 2011 weiterhin von einem BIP-Wachstum von rund 2% aus. (awp/mc/ps)