Cham – Der Spezialpapier-Hersteller Cham Paper Group leidet stark unter dem starken Schweizer Franken und zieht die Notbremse. Das Unternehmen konzentriert sein Angebot auf höhermargige Produkte und verlagert einen grossen Teil der Produktion nach Italien. Auf dem freiwerden Industrieareal am Hauptsitz in Cham wird ein neues Wohn- und Gewerbequartier entwickelt. In Cham wird die Produktion von Rohpapier bis Ende 2013 aufgegeben, teilte das Unternehmen am Montag mit.
Der Standort werde sich voll auf die hoch wertschöpfende und weniger währungssensitive Oberflächenbehandlung fokussieren und zum Technologie- und Entwicklungszentrum entwickelt. Das notwendige Basispapier soll in Zukunft auf dem Markt eingekauft werden. Dazu werden dereinst aber nur noch rund 100 Mitarbeiter benötigt, statt der 312 Vollzeitstellen heute. Die Standort- und Produktportfolio-Optimierung sollen die Kostenstrukturen verbessern und die Abhängigkeit von der Entwicklung des Schweizer Frankens reduzieren. Damit schafft die Gruppe nach eigener Auffassung wieder eine Basis, auf der profitables Wachstum möglich sei.
Cham als Technologie- und Entwicklungszentrum
Ihre Zukunft sieht die Gruppe in technologisch hochstehenden Spezialpapieren für Nahrungsmittelverpackungen, in Digital Imaging-Produktlösungen sowie in Pergaminpapier. Hier wachse die Gruppe seit Jahren profitabel und die längerfristigen Aussichten seien ebenfalls gut. Das Unternehmen erwähnt als Beispiel Papierbeschichtungen mit Barrierewirkung, die ohne den Einsatz von Aluminium oder Plastik auskomme. Die Gruppe zeigt sich überzeugt, mit diesen Produkten für die Nahrungsmittelindustrie langfristig attraktive Renditen erwirtschaften zu können.
Rascher Rückzug aus wenig attraktiven Märkten
Die Gruppe werde sich gleichzeitig in der Schweiz als auch in Italien rasch aus den weniger attraktiven Märkten zurückziehen. Die Produktion ausgewählter Produktgruppen werde nach Italien verlagert. So sollen ausgewählte, profitable Nischenprodukte ab 2012 in Carmignano hergestellt werden. Die Spezialpapiere für die Tabakindustrie, die heute einen Grossteil der Kapazität in Cham auslasten, sollen spätestens ab Ende 2013 in Carmignano produziert werden. Das italienische Werk in Condino, das sich auf die Produktion von Pergaminpapieren konzentriert, werde weiter ausgebaut. Es sei geplant, die Kapazität bis 2014 um über 20% zu erhöhen.
Stellenabbau und Immobilienentwicklung in Cham
In Cham kommt es zu einer schrittweisen Reduktion der Anzahl Vollzeitstellen von heute 312 auf rund 100 per Anfang 2014. Ein erster Abbauschritt werde mit der geplanten Stilllegung der ersten Papiermaschine in der ersten Jahreshälfte 2012 erfolgen und werde rund 130 Mitarbeiter umfassen. Der zweite Schritt erfolge spätestens Ende 2013 mit dem geplanten Produktionsstopp der zweiten Maschine. Auf dem freiwerden Industrieareal am Hauptsitz in Cham werde nun ein neues Wohn- und Gewerbequartier entwickelt – erste Studien für eine schrittweise Umnutzung wurden in Auftrag gegeben. Auf dem über 100’000 Quadratmeter sollen über die nächsten Dekaden neue Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden.
Verlust im laufenden Geschäftsjahr
Die Gesellschaft rechnet im laufenden Geschäftsjahr mit einem Verlust aus operativer Tätigkeit (EBIT) in der Grössenordnung von 10 bis 15 Mio CHF. Dazu kämen Wertberichtigungen auf Anlagen und Steuerverlustvorträgen, Restrukturierungsrückstellungen sowie Einmaleffekte von schätzungsweise 80 bis 90 Mio, die dem Jahresergebnis 2011 belastet würden. Davon seien die nächsten Jahre 20 bis 25 Mio CHF cash-wirksam. Bei einer stabil bleibenden Konjunktur sollte die Cham Paper Group im Verlauf von 2012 operativ wieder in die schwarzen Zahlen zurückkehren können, heisst es weiter. (awp/mc/upd/ps)