Charles Vögele: Neuausrichtung wird geprüft – Nettoumsatz 2012 gesunken
Pfäffikon SZ – Bei Charles Vögele geht die Talfahrt weiter. Im vergangenen Jahr ist der Umsatz erneut gesunken. Immerhin konnte der Kleiderkonzern die operativen Verluste etwas eindämmen. Nun denkt die Firma daran, die Notbremse zu ziehen und aus dem Verlustgeschäft in Osteuropa auszusteigen. Man prüfe mit externen Spezialisten den Rückzug aus Polen, Tschechien und Ungarn, teilte der Konzern am Freitag überraschend mit. Damit könnte Charles Vögele die Komplexität im Unternehmen verringern und sich auf die Kernmärkte fokussieren.
Ausser in der Schweiz ist der Kleiderkonzern zudem in Deutschland, Liechtenstein, Österreich, Niederlande, Belgien und Slowenien tätig. Insgesamt hat Charles Vögele 812 Läden in zehn Ländern. Gewinn hat das Unternehmen zuletzt allerdings nur noch in der Schweiz gemacht. In allen anderen Ländern vergrösserten sich im ersten Halbjahr die Verluste. An der Halbjahresmedienkonferenz hatte Finanzchef Markus Voegeli noch gesagt, dass es derzeit keine Pläne für einen Rückzug aus einem der Märkte gebe.
Rückzug nicht problematisch
Ein Rückzug aus den drei osteuropäischen Ländern könnte den Verlust reduzieren, kommentierte Sarasin-Analyst Patrick Hasenböhler. Das Geschäft dort sei aber nur klein. Und ein Rückzug aus weiteren Ländern hätte auch negative Folgen. Denn Charles Vögele sei ein internationaler Konzern und brauche den Grössenvorteil, um günstigere Preise von den Lieferanten zu erhalten, hatte Konzernchef Frank Beeck damals erklärt.
Einen Monat später musste Beeck den Hut nehmen, worauf Finanzchef Voegeli interimistisch das Amt übernahm. Grund sei nicht die Strategie, sondern die Art und Weise, wie Beeck die Neuausrichtung anpackte, hatte eine Sprecherin gesagt. Unter Beeck sollte Charles Vögele wieder auf die traditionelle, eher ältere Stammkundschaft ausgerichtet werden, nachdem sein Vorgänger André Maeder ebenfalls rausgeworfen worden war. Dieser hatte mit seiner Glamourstrategie durch das Engagement von Starschauspielern als Werbeträgern das Stammpublikum verunsichert. Die Folge war ein Riesenverlust von 119 Mio CHF im Jahre 2011.
Wende noch nicht geschafft
Die Wende ist noch nicht gelungen. Der Umsatz schrumpfte im vergangenen Jahr um 4,4% auf 972 Mio CHF. Das ist der tiefste Wert seit 1997, als 882 Mio umgesetzt wurden. Aber es gab auch Fortschritte: Den Betriebsverlust vor Abschreibungen und Wertminderungen (EBITDA) konnte Charles Vögele um 4 Mio auf 17 Mio CHF verringern. Zudem konnte die Modekette den Betriebsaufwand drücken und den Bargeldabfluss stoppen. Der freie Cash-flow wurde um 172 Mio auf 15 Mio CHF verbessert. Damit habe die Gruppe ihr Ziel für 2012, nämlich die Blutung zu stoppen, erreicht, hiess es.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer
Die Zahlen des zweiten Halbjahres seien zwar besser als befürchtet, kommentierte Hasenböhler. Aber eine Schwalbe mache noch keinen Sommer. «Wir bezweifeln, dass Charles Vögele sein Ziel eines ausgeglichenen Resultats im Jahr 2013 und eines Gewinns von 10 Mio CHF im Jahr 2014 erreichen kann.»
Vollständige Resultate für das vergangene Geschäftsjahr gab Charles Vögele indes nicht bekannt. Die für nächsten Dienstag angesetzte Bilanzvorlage sei auf den 16. April verschoben worden, weil die Arbeit am Jahresabschluss noch nicht fertig sei, hiess es. Details wollte Vögele-Sprecherin Nicole Borel auf Anfrage nicht nennen.
An der Schweizer Börse geriet die Aktie nach anfänglichen Kursgewinnen unter Druck. Bis 14.15 Uhr gab der Titel um 2,7% auf 15,95 CHF nach. Damit ist der Kurs ganz weit weg von den Niveaus von über 80 CHF im Jahre 2008, als Grossaktionärin Migros erstmals in grossem Stil bei Vögele eingestiegen war.
Äussern will sich der «Orange Riese» nicht: «Die Migros verfolgt die strategische Ausrichtung von Vögele in einem allgemein schwierigen Marktumfeld, nimmt aber zu Marktgerüchten oder Spekulationen keine Stellung», erklärte ein Sprecher. (awp/mc/upd/ps)