Zürich – Bei der Kabelnetzbetreiberin UPC (Ex-Cablecom) kommt es zu einem Chefwechsel: Nach neun Jahren gibt der Amerikaner Eric Tveter sein Amt als Konzernchef ab und wird Verwaltungsratspräsident von UPC Schweiz.
Seine Nachfolgerin wird ab 1. September die Rumänin Severina Pascu, die bisher operative Chefin war, wie UPC am Mittwoch in einem Communiqué bekannt gab. Grund dafür sind die Verkäufe von mehreren Ländergesellschaften durch die UPC-Besitzerin Liberty Global.
Diese hat das Geschäft in Deutschland, Tschechien, Ungarn und Rumänien für die happige Summe von 18,4 Milliarden Euro an den Mobilfunkriesen Vodafone verkauft, der damit ins Festnetzgeschäft einsteigt. Der Milliardendeal ist der grösste in der europäischen Telekombranche der vergangenen fünf Jahre.
Tveters Reich wird kleiner
Zuvor hatte Liberty bereits das Geschäft in Österreich losgeschlagen: UPC Austria ging im vergangenen Dezember für 2 Milliarden Euro an den deutschen Telekomriesen T-Mobile.
Dies betrifft auch UPC Schweiz, unter deren Dach das Geschäft in Österreich rund drei Jahre zuvor zu einer gemeinsamen Regionalorganisation zusammengeführt worden war. Mitte 2015 hatte Tveter zusätzlich noch die Führung des Zentraleuropageschäfts von Liberty übernommen.
Mit dem Mammutverkauf an Vodafone wurde Tveters Reich wieder kleiner: Die Gesellschaften in Ungarn, Tschechien und Rumänien machten etwa ein Viertel des Gesamtumsatzes aus.
Tveter bleibt tätig
Nun habe Liberty Global entschieden, das Geschäft in der Schweiz aus der bisherigen Struktur in Zentral- und Osteuropa zu lösen und gleichzeitig die Nachfolge von Tveter als Chef von UPC Schweiz aufzugleisen. Den Entscheid hätten die Konzernverantwortlichen gemeinsam gefällt, sagte UPC-Schweiz-Sprecher Bernard Strapp auf Anfrage. Und da sei Tveter dabeigewesen.
Der 59-Jährige übergibt ab September die Verantwortung für das Schweizer Geschäft an die 45-jährige Pascu. Tveter bleibe aber auf strategischer Ebene für UPC Schweiz in der Rolle als Verwaltungsratspräsident tätig. Zudem betreue er weiterhin die Geschäfte in Polen, der Slowakei und Luxemburg als CEO sowie bis zum Abschluss des Verkaufs an Vodafone auch das Business in Ungarn und Tschechien, hiess es.
Damit gibt der dienstälteste Chef unter den vier grossen Schweizer Telekomkonzernen das Steuer für das hiesige Geschäft ab. Der Schritt komme nicht überraschend, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Erstaunlich sei vielmehr, dass er nicht von allen Funktionen zurücktrete.
Firma wieder aufgerichtet
Tveter hat sich grosse Verdienste um den grössten Schweizer Kabelnetzkonzern erworben. Bei seinem Amtsantritt im Jahre 2009 war die damalige Cablecom eines der Unternehmen mit dem schlechtesten Ruf in der Schweiz. Der Kundendienst war miserabel, tausende von falschen Rechnungen brachten die Kunden auf die Palme, darunter auch solche Menschen, die gar nicht Kunden waren. Zudem sorgte die Abschaltung von analogen TV-Sendern für rote Köpfe. Die Kunden liefen in Scharen davon.
Unter Tveter gelang allmählich die Wende. Er investierte in den Kundendienst, baute die Netzkapazität aus und verbesserte die IT, die für die vielen fehlerhaften Rechnungen verantwortlich war. Die Kundenzufriedenheit und die Servicequalität nahmen im Laufe der Zeit deutlich zu. Auch die Mitarbeiterzufriedenheit stieg wieder.
Druck auf Swisscom
Mit der technischen Aufrüstung des Kabelnetzes auf eine Spitzengeschwindigkeit von 500 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) und Bündelangeboten setzte Tveter Platzhirsch Swisscom unter Druck. Zudem jagte die Kabelnetzbranche unter der Führung von UPC der Swisscom die Übertragungsrechte für die Schweizer Eishockeymeisterschaft ab.
Dafür wurde der Sportsender MySports gegründet, welcher der Swisscom-Tochter Teleclub Konkurrenz macht. Damit hoffte UPC, Kunden zurückzugewinnen. Ob sich die Strategie auszahlt, ist noch offen.
Platzhirsch kontert
Allerdings schauten die Wettbewerber nicht tatenlos zu. Die Swisscom und später auch Sunrise gaben im TV-Geschäft Gas, welches das historische Kerngeschäft von UPC ist. 2015 überholte der «blaue Riese» die Kabelnetzbetreiberin bei der TV-Zuschauerzahl, neun Jahre nachdem die Swisscom ins Fersehbusiness eingestiegen war.
UPC bekam zu spüren, dass sie die Preise erhöht hatte. Dies führte zur Abwanderung von Kunden. Auch im Mobilfunk blieb UPC bislang ein kleiner Fisch. Immerhin konnte Tveter dank der Preiserhöhungen die Geschäftszahlen verbessern. Der Umsatz nahm in seiner Ära um über 20 Prozent auf 1,35 Milliarden Franken im 2017 zu.
«Tveter hat eine Firma, die am Boden war, wieder aufgebaut», sagt einer, der dabei war, im Gespräch. Allerdings sei der Amerikaner auch Opfer seines Erfolgs geworden. Liberty habe in ihm einen Troubleshooter gesehen und ihn auch dort eingesetzt, wo es nicht gut lief.
Mit der Übernahme des Geschäfts in Österreich und dann in Zentraleuropa habe sich Tveter etwas verzettelt, sagte ein Experte. Viele Schweizer UPC-Verantwortliche seien tageweise nach Wien geflogen, um das dortige Business wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Dadruch sei auch das Schweizer Geschäft etwas veranchlässigt worden. (awp/mc/pg)