Muttenz – Clariant handelt nach dem Motto «klein, aber fein». Der Chemiekonzern konzentriert sich auf seine profitablen Kerngeschäfte und stösst andere Bereiche ab. Dass sich das lohnt, zeigt nach Ansicht des Managements das gute vierte Quartal 2019. Allerdings ist dies mit einem Stellenabbau verknüpft.
In der Vergangenheit trennte sich Clariant jeweils erst dann von den weniger profitablen Bereichen, wenn man andere Firmen gekauft hatte. Damit sollte verhindert werden, dass der Umsatz unter eine kritische Grösse fällt. Heute steht ein Drittel des Geschäfts im Schaufenster oder wurde bereits verkauft – ohne dass Gegengeschäfte in Sicht wären.
«Wir haben in den letzten drei Jahren mehrmals versucht, die Firma zu vergrössern», erklärte der interimistische Konzernchef Hariolf Kottmann am Donnerstag vor den Medien. Das ging aber nicht. Noch gut in Erinnerung ist der versuchte Zusammenschluss mit dem US-Mitbewerber Huntsman, der im Oktober 2017 auf Druck von aktivistischen Investoren abgeblasen werden musste. Und letzten Sommer wurde ein geplantes Gemeinschaftsunternehmen mit dem Grossaktionär Sabic aus Saudi Arabien schon vor dessen Start wieder aus dem Rennen genommen. Dieses wollte Clariant mit dem Verkauf der nicht mehr benötigten Teilbereiche finanzieren. Trotz des «no Deal» mit Sabic trieben die Muttenzer den Verkaufsprozess danach ungeachtet voran.
Bereits losgeschlagen hat Clariant bisher die Bereiche Masterbatches (Farbgranulate) und Pharmaverpackungen. Noch in diesem Jahr will die Firma einen Käufer für den Bereich Pigmente finden.
Kleiner, aber profitabler
Denn als Kerngeschäfte gelten bei Clariant nur noch die Care Chemicals (etwa Substanzen für die Kosmetikindustrie), Katalysatoren und Natural Resources (Produkte für den Erdölsektor und den Bergbau). Davon erhofft sich das Management ein widerstandsfähigeres Produkteportfolio, das nicht mehr so stark auf konjunkturelle Schwächen reagiert. «2021 wird Clariant eine kleinere, aber profitablere Firma sein», sagte Kottmann.
Und dass man auf das richtige Pferd gesetzt hat, belegt nach Ansicht des Managements das vierte Quartal 2019. Der Umsatz der Kernbereiche übertraf die Erwartungen der Analysten deutlich und auch die Profitabilität stimmte.
Den Tolggen im Reinheft konnte Clariant damit aber nicht ausradieren. Denn das Unternehmen hatte im Sommer 231 Millionen Franken für eine wettbewerbsrechtliche Untersuchung der EU-Kommission zurückgestellt. Die Wettbewerbshüter prüfen, ob sich Ethylen-Käufer abgesprochen haben. Daher sackte 2019 der Reingewinn um 90 Prozent auf 38 Millionen Franken ab. Der Umsatz stagnierte – belastet vom starken Franken – bei 4,40 Milliarden.
Kleinere Clariant braucht neuen Anzug
Clariant wird künftig also kleinere, aber (hoffentlich) feinere Brötchen backen. Damit die «kleine Clariant» dann auch einen passenden Anzug hat, muss das Unternehmen aber «neu dimensioniert» werden. Denn nach Abschluss der Devestitionen sollen keine «überflüssige» Kosten anfallen. Details dazu will Clariant zwar erst in den kommenden Monaten nennen – es riecht aber bereits jetzt stark nach Stellenabbau.
Einen Vorgeschmack lieferte die ebenfalls am Donnerstag gemachte Ankündigung, Clariant werde in den kommenden zwei Jahren 500 bis 600 Stellen streichen. Ende Jahr beschäftigte das Unternehmen rund 17’200 Mitarbeitende. Das soll die Kosten um 50 Millionen Franken senken und die Margen entsprechend verbessern.
Unter welchem Konzernchef die Massnahmen durchgezogen werden, ist aber weiterhin unklar. Nach dem überraschenden und abrupten Abgang des CEO vor sieben Monaten übernahm Verwaltungsratspräsident Kottmann sein altes Amt als CEO wieder interimistisch. «Es dauert so lange es dauert», sagte er nun zum laufenden Suchprozess.
Aktie legt 4% zu
An der Börse zeigten sich die Anleger über die Zahlen erfreut: Die Aktie stieg am Donnerstag um 4,0 Prozent auf 23,47 Franken. Analysten lobten den starken Jahresendspurt und die hohe Dividende. Insgesamt schüttet Clariant 3,55 Franken pro Aktie aus, davon 3 Franken als Sonderdividende aus den Verkaufserlösen. (awp/mc/pg)