Clariant prüft Hinweise auf mögliche Zahlenmanipulationen – Aktie stürzt ab
Muttenz – Schlechte Neuigkeiten zum Wochenstart aus dem Baselbiet: Der Spezialitätenchemiekonzern Clariant verschiebt die für Mittwoch geplante Publikation seiner Jahreszahlen für 2021. Whistleblower hatten auf mögliche Verfehlungen in der Rechnungslegung des Konzerns hingewiesen. Nun läuft eine interne Untersuchung.
Einzelne Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungen könnten beim Baselbieter Clariant-Konzern falsch verbucht worden sein. Betroffen davon sind mit grosser Sicherheit die Geschäftsjahre 2021 und 2020, wie Clariant am Montag mitteilte. Ob das Problem noch frühere Zeiträume betrifft, ist noch unklar.
Klar ist aber, dass das Unternehmen nicht wie geplant seine Zahlen für das Geschäftsjahr 2021 veröffentlichen kann. Bis Sonntag habe man noch gehofft, die Publikation per Mittwoch stemmen zu können. Schliesslich sei man aber zur Einsicht gelangt, dass dies nicht möglich sei, so das Management des Konzerns an einer kurzfristig einberufenen Telefonkonferenz.
Whistleblower brachten Stein ins Rollen
Erst müsse man den Abschluss einer internen Untersuchung der Ereignisse abwarten. Ins Rollen gebracht hatte diese eine Meldung von Whistleblowern an die Compliance-Abteilung des Konzerns im vergangenen September. Im Oktober wurde das Top-Management von Clariant, darunter CEO Conrad Keijzer, beigezogen.
Darauf entschied man sich, die Hilfe von externen Beratern von Deloitte sowie der Anwaltskanzlei Gibson, Dunn & Crutcher beizuziehen. Diese prüfen nun, ob einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rückstellungen und Wertberichtigungen absichtlich falsch verbucht haben, damit Finanzziele des Konzerns erreicht wurden.
In Börsenkreisen kommen diese Neuigkeiten sehr schlecht an, zumal trotz Medienkonferenz wenig Details über die Art der möglichen Falschverbuchungen vorhanden sind. Was etwa die Anzahl der betroffenen Mitarbeiter anbelangt, gaben sich die Firmenlenker bedeckt. Man habe gegen diese aber Massnahmen ergriffen und Betroffene suspendiert.
Beobachter schliessen jedoch nicht aus, dass frühere Ergebnisse von Clariant nun nachträglich korrigiert werden müssen. Diese Unsicherheit sorgte am Montag an der Börse für einen Kurssturz bei den Clariant-Aktien. Bis Börsenschluss fielen die um 16 Prozent auf noch 16,80 Franken pro Papier.
Probleme mit der Firmenkultur
Für die Beobachter weisen die Vorfälle auch auf grundlegende Probleme hinsichtlich der Firmenkultur hin. CEO Conrad Keijzer will sich denn nun laut eigener Aussage auch persönlich dafür einsetzen, dass sich diese verbessert. Positiv wird immerhin gewertet, dass der Hinweis aus dem Unternehmen selbst kam.
Nicht betroffen von den Problemen in der Buchführung ist der Umsatz des Konzerns für 2021. Dieser ist für die fortgeführten Geschäftsbereiche in Lokalwährungen um 15 Prozent auf rund 4,4 Milliarden Franken gestiegen.
Auswirkungen auf die EBITDA-Marge sind hingegen möglich. Gleichwohl geht Clariant davon aus, dass diese für die fortgeführten Geschäftsbereiche im Jahr 2021 einen Wert zwischen 16 und 17 Prozent erreichen werde. Auswirkungen auf die liquiden Mittel schliesslich gab es wohl keine. (awp/mc/pg)