Muttenz – Dem Chemiekonzern Clariant macht der konjunkturelle Gegenwind zu schaffen. Wie bereits vor drei Wochen vorgewarnt, sind im zweiten Quartal 2023 der Umsatz und der Gewinn deutlich zurückgegangen. Das Management sieht das Unternehmen aber für schwierige Zeiten gut gewappnet.
Von April bis Juni schrumpfte der Umsatz um 17 Prozent auf 1,08 Milliarden Franken, bestätigte Clariant am Donnerstag frühere Angaben. Der Währungseinfluss alleine habe die Einnahmen im zweiten Quartal um 10 Prozent geschmälert.
«Die Unsicherheiten und Risiken im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Umfeld, auf die wir zu Beginn dieses Jahres hingewiesen hatten, haben sich leider bewahrheitet und belasten die Branche insgesamt,» ordnete Clariant-Chef Conrad Keijzer an einer Telefonkonferenz die Entwicklung ein.
Bessere Ertragskraft
Unter der schwachen Konsumstimmung litt das grösste Segment Care Chemicals, das etwa Substanzen für die Kosmetikindustrie herstellt. Hier sanken die Verkäufe um mehr als einen Viertel auf noch 543 Millionen Franken.
Die Einheit «Adsorbents & Additives» (-20%), sie stellt unter anderem Flammschutzmittel und Chemikalien für den Bergbau her, spürte die negative Dynamik in der Industrie. Einzig mit Prozesskatalysatoren setzte das Unternehmen 19 Prozent mehr um.
Weil die Kunden lieber ihre Lagerbestände abbauten, statt neue Bestellungen zu platzieren, sanken die die von Clariant abgesetzten Volumen um 5 Prozent. Das schlug sich auch in den Gewinnzahlen nieder.
Der Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisationen (EBITDA) etwa sank im zweiten Quartal um 19 Prozent auf 175 Millionen Franken. Die entsprechende Marge lag mit 16,1 Prozent dank Einsparungen aber deutlich über jener des ersten Jahresviertels (13,9%).
Erholung lässt auf sich warten
«Die Erholung im zweiten Semester wird schwächer ausfallen, als wir dies noch zu Beginn des Jahres angenommen hatten», sagte Clariant-Chef Keijzer. Für Beobachter wenig erstaunlich, reihte sich Clariant Anfang Juli bei den Chemieunternehmen ein, die ihre Prognosen für das laufende Jahr senken mussten. Darunter befand sich auch der europäische Branchenprimus BASF.
Gleichwohl bekräftigten die Muttenzer ihre mittelfristigen Ambitionen, die bis 2025 gelten. Demnach will Clariant jährlich um 4 bis 6 Prozent wachsen und eine operative Gewinnmarge von 19 bis 21 Prozent erreichen.
Endlich mit Preissetzungsmacht
Seinen Optimismus schöpft Clariant-CEO Keijzer nicht zuletzt aus der Preissetzungsmacht seines Unternehmens. Die durchschnittlichen Verkaufspreise konnten im zweiten Quartal stabil gehalten werden, obwohl die Rohstoffkosten im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent zurückgegangen sind.
Kein Vergleich zur «früheren» Clariant, die lange in einer Sandwich-Position zwischen den Grundchemieherstellern und den Kunden steckte. Das Unternehmen befand sich im Schraubstock zwischen steigenden Rohstoff- und Energiepreisen und ihren Kunden, die Druck auf die Preise machen konnten.
Unzählige Restrukturierungen und viele Jahre später hat sich die Situation ins Gegenteil verkehrt. Mit seinem auf hochwertige Spezialitäten fokussierten und deutlich abgespeckten Portfolio kann Clariant Preiserhöhungen heute gut durchsetzen.
An der Börse warfen die Zahlen wenig Wellen, die Clariant-Anteile schlossen immerhin 0,9 Prozent im Plus. Nach der früher publizierten Gewinnwarnung waren die wichtigsten Fakten bereits bekannt, sagten Anleger. (awp/mc/pg)