Muttenz – Clariant konzentriert sich auf die profitablen Kerngeschäfte und stösst andere Bereiche ab. Davon erhofft sich der Chemiekonzern ein Produkteportfolio, das nicht mehr so stark auf die Konjunktur reagiert. Im ersten Quartal hat das schon mal nicht geklappt.
Denn die Corona-Krise und der Lockdown haben sich deutlich in den Büchern des Spezialchemiekonzerns niedergeschlagen. Clariant wies am Donnerstag für die Monate Januar bis März einen um 12 Prozent tieferen Umsatz von 1,02 Milliarden Franken aus. Die Hälfte des Rückgangs war dabei dem starken Schweizer Franken geschuldet.
Der operative Gewinn ging sogar um 14 Prozent auf 157 Millionen Franken zurück. Die entsprechende Marge schrumpfte in der Folge um 0,6 Prozentpunkte auf 16,0 Prozent.
Weniger Enteisungsmittel
Clariant war nach eigenen Angaben «mit einer noch nie dagewesenen Wirtschaftslage konfrontiert.» Gleichzeitig konzentriere sich das Management darauf, die Folgen der Pandemie auf das Unternehmen zu mildern – und die Barmittel zusammenzuhalten.
Als Kerngeschäfte gelten bei Clariant heute noch die Bereiche Care Chemicals (etwa Substanzen für die Kosmetikindustrie), Katalysatoren und Natural Resources (Produkte für den Erdölsektor und den Bergbau).
Vor allem der Umsatz von Care Chemicals enttäuschte die Analysten mit einem satten Umsatzrückgang von 19 Prozent. Das lag laut Clariant vor allem am Geschäft mit Enteisungsmitteln für die Fluggesellschaften.
Denn bei hohen Temperaturen in den Wintermonaten kann das Unternehmen weniger Enteisungsmittel verkaufen. Stehen die Flieger sogar nur am Boden, dann gar keine mehr.
Zeitpläne tangiert
Die Coronakrise wirbelt auch die Zeitpläne bei Clariant etwas durcheinander. So könnte der angepeilte Verkauf der Pigmente-Sparte erst 2021 über die Bühne gehen. «Wir haben den Verkaufsprozess zuletzt etwas gebremst», erklärte Konzernchef Hariolf Kottmann an einer Telefonkonferenz.
Bereits losgeschlagen hat Clariant bisher die Bereiche Pharmaverpackungen und Masterbatches (Farbgranulate). Letztere gehen für 1,56 Milliarden US-Dollar an die amerikanische PolyOne. Der Deal mit den Farbgranulaten ist aber noch nicht gänzlich unter Dach und Fach – er soll spätestens im dritten Quartal 2020 über die Bühne gehen.
Kottmann hat laut eigenen Angaben «keine Indikation», dass der Masterbatch-Verkauf noch scheitern könnte. PolyOne stehe zu der Transaktion und habe auch keine Nachverhandlungen über den Preis gefordert. Daher stehe auch der geplanten Sonderausschüttung von 3 Franken je Aktie «eigentlich» nichts im Wege.
Clariant will seine Aktionäre so am Verkauf der verschiedenen Geschäftsbereiche teilhaben lassen. Aufgrund des Timings sei es aber theoretisch denkbar, dass die Sonderausschüttung aufgeteilt werde.
Stellenabbau pausiert
Ebenfalls «on hold» ist der gerade erst vor zwei Monaten angekündigte Abbau von 500 bis 600 Arbeitsplätzen. «Wir wollen in der aktuellen Situation keine Mitarbeiter entlassen», sagte Kottmann. Das Programm sei aber nötig und werde ab September oder Oktober wieder aufgenommen.
Unter welchem Konzernchef die Massnahmen durchgezogen werden, ist weiterhin unklar. Nach dem überraschenden und abrupten Abgang des CEO vor neun Monaten hatte Kottmann sein altes Amt als operativer Konzernchef interimistisch wieder übernommen.
«Mein Nachfolger könnte bis Sommer oder im Frühherbst bestimmt werden», sagte Kottmann. Auch auf diesen Prozess hatte die Pandemie einen Einfluss. Denn Bewerbungsgespräche via Skype seien ihm nicht sympathisch.
«Clariants Profitabilität bleibt trotz schwieriger Wirtschaftslage robust», lautete der Titel des am Morgen verbreiterten Communiqués. Das sieht die Börse anders: Sie schickte die Clariant-Papiere um über 5 Prozent nach unten. (awp/mc/ps)