CO2-Gesetz: Der staatliche Traum vom kostenlosen Perpetuum Mobile zur gerechten Umverteilung

Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Vorsteherin UVEK. (Foto: Schweizerische Bundeskanzlei)

Wenn etwas zu schön tönt, um wahr zu sein, ist es das meistens auch. Wenn eine schmerzhafte Abkehr vom Gewohnten als Win-Win-Win-Situation verpackt wird, also nur Gewinner hinterlassen soll, lohnt sich ein genauerer Blick auf den Beipackzettel der Inhaltsstoffe und Nebenwirkungen. Das geplante CO2-Gesetz gibt dem Staat eine übermächtige Rolle als Geldverteiler und vermeintlicher Innovationstreiber. Eine Rolle, die ihm nach den Erfahrungen in der Pandemie bezüglich Innovationskraft (Stichwort Digitalisierung) kaum übertragen werden sollte. Ausser dem neu angedachten Klimafonds und der Flugabgabe existieren heute schon alle Mittel und Massnahmen zur erfolgreichen CO2-Senkung.

Von Helmuth Fuchs

Die Klimaveränderung mit steigenden Temperaturen ist eine Tatsache, ebenso, dass die steigende Zahl der Menschen dazu einen signifikanten Anteil leistet. Der auf fossilen Brennstoffen basierte Lebensstil vermindert und zerstört die Lebensgrundlagen fast aller anderer Spezien und gefährdet zunehmend auch die Lebensqualität der Menschen selbst. So weit so schlecht und kaum bestritten. Deshalb haben sich mittlerweile alle Länder der Welt zu dem in Paris 2015 vereinbarten Abkommen bekannt, das vorsieht, den Temperaturanstieg gegenüber der vorindustriellen Zeit auf 1.5 Grad Celsius zu begrenzen. Die konkreten Ziele:

  1. Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau; Anstrengungen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dadurch sollen die Risiken und Auswirkungen des Klimawandels deutlich reduziert werden;
  2. Erhöhung der Fähigkeit, sich an die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels anzupassen, Förderung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaänderungen sowie Förderung einer Entwicklung, die mit geringen Treibhausgasemissionen einhergeht und zugleich die Nahrungsmittelproduktion nicht bedroht;
  3. Vereinbarkeit der Finanzströme mit einem Weg hin zu niedrigen Treibhausgasemissionen und klimaresistenter Entwicklung.

Braucht es das neue Gesetzt überhaupt?
Als relevanteste Messgrösse für die Treibhausgasemmissionen wurde der von den Menschen verursachte CO2-Ausstoss gewählt. Die treibhausgasabhängige Temperaturreduktion kann also in diesem Szenario nur über eine Reduktion des von den Menschen direkt beeinflussbaren CO2-Ausstosses gelingen. Wälder, welche zum Beispiel das CO2 binden, sind weltweit, vor allen wegen der Reduktion der Bestände in Südamerika und Afrika, auf absehbare Zeit keine Alternative zu weitergehenden Massnahmen.

In diesem Umfeld will das CO2-Gesetz den Treibhausgas-Ausstoss bis 2030 gegenüber dem Wert von 1990 halbieren. Das will der Bundesrat mit folgenden Mitteln erreichen:

All das macht der Bund jedoch heute schon über Abgaben (CO2-Abgabe für fossile Brennstoffe wie Heizöl, Erdgas und Kohle), CO2-Kompensation für Benzin- und Dieselimporte, Rückvergütung via Krankenkassenprämien (Private) und AHV-Beiträge (Unternehmen) und den Technologiefonds des Bundes (Bundesamt für Umwelt BAFU). Das heisst, es existieren heute schon alle Mittel und Massnahmen, den CO2-Ausstoss erfolgreich senken zu können. Bei den bestehenden Massnahmen kann er Bund Präzisierungen und Verschärfungen (z.B. Erhöhen der Abgaben, Senkung von Grenzwerten) vornehmen, ohne dass es dazu ein neues CO2-Gesetz brauchen würde.

Wirklich neu hinzu kommen einzig der Klimafonds, Abgaben im Flugverkehr (Flugticketabgabe, Abgabe für Geschäfts- und Privatflüge) und die Möglichkeit zur Befreiung aller Unternehmen von der CO2-Abgabe bei gleichzeitiger Investition in Klimamassnahmen (heute können das nur Firmen mit einem sehr grossen CO2-Ausstoss).

Ein Ring, sie alle zu finden und ewig zu binden1
Im Kern geht es also um den neuen Klimafonds, welcher Bundesrätin Simonetta Sommaruga eine Kasse mit bis zu einer Milliarde Franken jährlich eröffnen würde, mit nur wenigen Einschränkungen, wie sie und ihr Bundesamt diese Gelder verteilen möchten. Ein grosser Topf, der alle kleinen Töpfe binden soll. Ein neues politisches und finanzielles Machtinstrument zur politisch konformen Investition und Innovation.

Dadurch wird primär das UVEK gestärkt und ausgebaut («Der Klimafonds wird im UVEK verwaltet. Die zuständigen Stellen sind so mit Mitteln zu versorgen, dass sie in ihrem Vollzugszuständigkeitsbereich die nötigen Zahlungen leisten können.» Art. 53, CO2-Gesetz), der zusätzlich zu den schon bestehenden Gesetzen, Verordnungen und Massnahmen erzielte Effekt für das Klima dürfte, abgesehen von den Flugabgaben, eher gering sein. Eine parlamentarische oder direktdemokratische Mitsprache ist kaum vorgesehen («Die Bundesversammlung legt mit einfachem Bundesbeschluss jeweils die vierjährigen Höchstbeträge für die Verwendung der zweckgebundenen Mittel fest», «Der Bundesrat berichtet der Bundesversammlung jährlich über die Verwendung der Mittel.» Art. 54, CO2-Gesetz).

Zum Erstaunen Vieler werden übrigens die Finanzströme, der dritte der im im Pariser Abkommen erwähnten Bereiche (nebst Begrenzung des Temperaturanstiegs und Erhöhung der Resilienz), im CO2-Gesetz gänzlich aussen vor gelassen. Wenn man schon etwas für den allergrössten Teil der Bevölkerung hätte tun wollen, wäre hier der griffigste Ansatzpunkt gewesen: Das Vermögen dorthin lenken, wo es keinen Klimaschaden anrichten kann.

Der Bund als Hüter und Hort der Innovation?
Eine Erkenntnis der Pandemie ist, dass der Bund die Digitalisierung breitflächig verschlafen hat. Trotz genügend Personal im IT-Bereich und grosszügigen Budgets waren und sind die Bundesstellen bei Themen wie digitaler ID, digitalem Impfpass / Zugangszertifikat, elektronischem Patientendossier etc. kaum in der Lage, adäquate Lösungen zu bieten. Weshalb gerade jetzt dem Bund die Verantwortung und die finanziellen Mittel übergeben werden sollen, den Klimawandel technologisch zu bewältigen, sollte viele Fragen aufwerfen.

Es lohnt sich, einige der Hauptargumente einem Faktencheck zu unterwerfen. Die Argumente finden sich u.a. in einem Tagesanzeiger-Interview von Simonetta Sommaruga vom 8.5.2021.

«Wird das neue CO2-Gesetz abgelehnt, ist sicher, dass die Schweiz das Ziel verfehlt.»
Mit dieser Aussage stellt der Bundesrat in seiner Empfehlung zum Gesetz die Annahme als alternativlos dar. Entweder Annahme oder Scheitern. Dies sagt in seiner Radikalität einmal mehr viel über den politischen (Un)Willen und wenig über die Realität aus. Wir haben heute schon mit Ausnahme der Flugabgabe alle Gesetze, Vorschriften und Massnahmen, um die Klimaziele zu erreichen. Es können je nach Fortschritt Massnahmen verschärft, neue Vorschriften erlassen, Gesetze erweitert werden.

Das vorliegende Gesetz braucht es im Wesentlichen nur zur Schaffung des Klimafonds im UVEK der Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Der Wunsch, den Umbau der Gesellschaft nach den eigenen politischen Vorstellungen mit möglichst wenig Kontrolle zu beschleunigen, ist sehr verständlich. Aus Sicht der BürgerInnen, die hier einmal mehr die direkte Entscheidung darüber, wie sie ihre Mittel einsetzen und kontrollieren an ein Bundesamt delegieren würden, wäre eine Lösung im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten und einer neu zu beschliessenden Flugabgabe zielführender.

Daran orientiert sich übrigens auch die Bürgerin Simonetta Sommaruga, die sich vor drei Jahren erst ein fossil befeuertes Fahrzeug anschaffte und auch nicht daran denkt, dieses jetzt zugunsten des Klimas einfach einzumotten.

«Mein Mini ist jetzt erst drei Jahre alt. Aber ich kann Ihnen versichern, falls ich je ein neues Auto brauchen sollte, wird es sicher ein elektrisches sein.»


1 J.R.R. Tolkien, Der Herr der Ringe: «Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden im Lande Mordor.»


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